Als er das Messer sah, wusste er: 'Da muss ich einfach eingreifen.' Hätte Roland H. (Name der Redaktion bekannt) das nicht getan, hätte der junge Mann, der im Forum Allgäu von einem 26-jährigen Kemptener niedergestochen wurde, wohl nicht überlebt. 'Es wäre dramatisch ausgegangen', sagt Polizeisprecher Christian Eckel.
Denn Roland H. und weiteren Besuchern des Einkaufszentrums ist es gelungen, den Angreifer zu überwältigen und so lange am Boden zu halten, bis ihn die Polizei abführte. Überrascht schauten viele Besucher am Montagabend im Forum Allgäu, als plötzlich Polizisten und Sanitäter durchs Einkaufszentrum rannten.
Geschäftsleute im ersten Stock hatten sie gerufen, als sie eine Streiterei bemerkten, die auszuarten drohte. Auch Roland H. und seine Frau bekamen mit, dass sich vor einem Modegeschäft "etwas abspielt, das nicht in Ordnung war." Wie viele andere drehte das Oberallgäuer Ehepaar noch eine Runde im Forum, bevor es zur Veranstaltung mit Maxi Schafroth in der Big Box Allgäu ging.
"Da sah ich, dass da etwas nicht stimmt", schildert der Oberallgäuer den Vorgang. Mit den Worten "Hört’s auf" ging er auf die Gruppe zu. Plötzlich stand ihm einer mit einem Messer in der Hand gegenüber. "Messer weg", schrie der Oberallgäuer - und wusste, "jetzt muss ich etwas tun, jetzt muss ich ihn aufhalten." Roland H. versuchte, dem Angreifer das Messer aus der Hand zu schlagen, sprang ihn von hinten an und packte ihn.
"Helft’s doch meinem Mann," rief inzwischen immer wieder Frau H. in die Menge, aus der sich dann zwei weitere Passanten lösten und ihrem Mann zu Hilfe kamen. So gelang es dann, dem Täter das Messer aus der Hand zu schlagen, ihm mit den Füßen die Beine wegzuziehen - und ihn solange auf dem Boden zu fixieren, bis die Polizei kam. "Ja", sagt Roland H. im Nachhinein, als er immer wieder das Geschehen durchspielt: "Als ich das Messer sah, wusste ich, es ist bitterernst." Der Vorgang wird dem 63-Jährigen noch lange nachgehen.
Nachdem die Polizei den Messerstecher mitgenommen hatte, reinigte Roland H. seine Hände vom Blut und versuchte, bei Maxi Schafroth in der Big Box Entspannung zu finden. Doch 100-prozentig sei ihm das nicht gelungen, erzählt er. Noch am nächsten Tag ist er dabei, den Vorfall zu verarbeiten. Wie auch die anderen Helfer, die bei ihrem Eingreifen durch Messerstiche leicht verwundet wurden.
Andere Forum-Besucher haben am Tag darauf erst erfahren, was sich da in ihrer unmittelbaren Nähe abgespielt hat. Gertie Müller-Hoorens zum Beispiel, die mit ihrem Mann, Entwicklungshilfeminister Gerd Müller, wie viele andere an diesem Montagabend vor dem Big-Box-Besuch noch schnell im Forum bummelte. Sie waren ebenso schockiert wie Center-Managerin Ekaterina Avdosyeva. Gemeinsam mit dem Sicherheitspersonal überlegt sie jetzt, was man noch tun könne, damit sich die Kunden sicherer fühlen.
Zwar seien alle Mitarbeiter in den Geschäften geschult, die Haustechniker auf Erste-Hilfe geeicht, die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ständig im Haus, um für Ordnung zu sorgen - doch solche Vorfälle seien unvorhersehbar. Großen Respekt hat die Center-Chefin deshalb auch vor der Zivilcourage der Helfer. Doch das freilich sei oft eine schwierige Situation, sagt Christian Eckel von der Polizei. Generell sollte man sich an solche Situationen nur herantrauen, wenn man der Meinung sei, sie zu beherrschen und sich nicht selbst in Gefahr zu begeben. Richtig sei, notfalls andere Personen aufzufordern, zu helfen. Roland H. hat laut Eckel "alles richtig gemacht".