Der 'Schnackar Bichl' ist ein hübscher Hügel oberhalb von Maria Rain, dem Dorf bei Nesselwang, in dem Matthias Schriefl aufwuchs. Er mag diese Erhebung, weil sie bei jedem Wetter einen tollen Blick in die nahen Berge bietet. Und so liegt es nahe, dass der Musiker und Komponist diesem idyllischen Ort eine Hymne widmet. Es ist ein langsamer Walzer mit einer terzenseligen alpenländischen Melodie. Wie sich’s gehört halt.
Doch dann wandelt sich das. Erst steuert die Tuba ein traditionelles Basssolo bei, das sich eher wie ein Trauermarsch anhört. Dann kippt der brave Walzer vollends in eine andere Welt. Die Trompete hebt Richtung Hochtöner-Himmel ab, die Tuba fängt im Keller an zu rumpeln. Der Rhythmus ist nicht mehr brav, die Melodien nicht mehr selig. Nun ist der 'Schnacker Bichl' eine saubere Jazz-Nummer mit Drive und Energie. Am Ende gibt es die Rückverwandlung in den urgemütlichen Dreivierteltakt.
In diesem Stil sind viele der 14 Stücke auf Matthias Schriefls neuer CD konstruiert. Der 30-jährige Trompeter und Multiinstrumentalist hat sie mit seinem Sextett und etlichen Gastmusikern bei Act (9670-2) eingespielt. 'Six, Alps & Jazz' heißen Band und Scheibe.
Die CD dokumentiert Matthias Schriefls Weg nach dem Ende seines Jazzstudiums in Köln. Es lautet: Zurück zu den Wurzeln. Sein Herzblut gehört auch der Volksmusik und der Blasmusik. Alphornklänge, Jodler, Zwiefache, Ländler und Walzer bilden den Nährboden für jazzigen Wildwuchs.
Ein Grenzgang, wie in heutzutage viele üben. Bei Schriefl klingt er überhaupt nicht angestrengt, sondern homogen und groovig. Als ob Althergebrachtes aus der Heimat schon längst zum Weltläufigen passt und einfache Dur-Melodien schon immer Blues-Notes lieben. Wie es Schriefls Art ist, schwingen dabei jede Menge Witz, Ironie und bisweilen auch Anarchie mit. Versiert arrangiert er traditionelle Stücke wie den Andachtsjodler, einfallsreich komponiert er. Sich in diesem Crossover-Bad zu suhlen, beschert pures Vergnügen.
Eine reizende Facette ist zudem die Besetzung. Schriefl hat ein reines Bläserensemble mit allen möglichen Blech- und Holzblasinstrumenten um sich versammelt. Alles unplugged, keine Elektronik. Nur ab und zu ein Schlagzeug. Die Musiker sind vom Feinsten. Beispielsweise ist der geniale Johannes Bär dabei, der bei der Vorarlberger Band HMBC die tiefen Instrumente bedient. So tönt das ganze bisweilen wie eine kleine Blaskapelle, dann wie eine Jazzband und bisweilen wie ein avanciertes Bläserensemble, etwa beim grandios-sanften 'Schllofliadle', dem Rauswerfer. K.-P. Mayr
Live ist Matthias Schriefls Band 'Six, Alps & Jazz' am kommenden Wochenende zwei Mal zu hören: Am Samstag, 11. August, im Almcafé Schnakenhöhe (oberhalb von Maria Rain gelegen) und am Sonntag, 12. August, im Gasthof Hirsch in Schwarzenberg (bei Oy-Mittelberg). Beginn jeweils 20 Uhr. Karten im Vorverkauf unter der Telefon-Nummer 08361/20 25 19.