Wie viel Geld Urlauber außer für Übernachtungen und Essengehen noch so im Allgäu liegen lassen - darüber gibt es keine genaue Statistiken. Fachleute meinen jedoch, der Anteil, der zum Beispiel für das Handwerk als Zusatzeinkommen durch den Tourismus in unserer Region abfällt, liege zwischen zehn und 20 Prozent. Bäcker, Metzger, Lebensmittelhändler, Zimmereien, Innenausstatter, Reinigungsbetriebe, Autowerkstätten und viele mehr: Alle profitieren vom Geschäft mit den Gästen.
Der Tourismus sorgt für eine ganze Reihe von Ausbildungsplätzen, nicht nur in Hotels und Gaststätten, sondern auch im Bereich der Lebensmittelproduktion, der Landwirtschaft (Urlaub auf dem Bauernhof) bis hin zu Gartenbaubetrieben, die sich etwa um die Grünflächen rund um Ferienhäuser kümmern. "Tourismus" war heuer auch das Leitthema der Allgäuer Lehrstellenbörse in Kempten, zu der trotz widriger Wetterverhältnisse wie in den Vorjahren Tausende junger Leute und Eltern ins Berufsschulzentrum geströmt sind.
Information und Unterhaltung
Der heftige Schneefall am Samstag in der Früh ließ die 13. Allgäuer Lehrstellenbörse zwar ein bisschen ruhiger beginnen, als ihre Vorgängerinnen. Aber ab 10.30 Uhr war dann die Bude rappelvoll. Vor manchen Ständen stauten sich die Menschenmassen, vor allem dort, wo neben der reinen Information über Ausbildungsberufe auch ein wenig Spektakel geboten war: bei der Abseilaktion des Freizeit-Unternehmens "Tiefblick" aus Immenstadt (Oberallgäu) etwa, bei der Autogramm-Stunde des Fußball-Profis Imre Szabics vom FC Augsburg im Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) der Handwerkskammer oder bei den beiden Kurzauftritten der Band "Sternblut" vor dem Stand der Allgäuer Zeitung.
Für Hans-Peter Rauch, Metzgermeister aus Waltenhofen (Oberallgäu) und Vize-Präsident der Handwerkskammer Schwaben, ist der Tourismus "enorm wichtig für uns im Allgäu." Metzger, Bäcker, Milchlieferanten würden einen wichtigen Teil ihres Umsatzes mit Hotels und Gaststätten machen. Dadurch könnten sie auch die eine oder andere Lehrstelle mehr anbieten, als Betriebe in anderen Landstrichen.
Das bestätigte Handwerkskammer-Präsident Jürgen Schmid (Augsburg): "Wenn es dem Tourismus gut geht, dann merken wir das ebenfalls im Handwerk." Das spiegle sich auch positiv bei den Übernahmezahlen nach der Lehre wider. Im Allgäu sei die Situation besser als in anderen Regionen.
"Der Handel sähe im Allgäu anders aus, wenn die Kaufkraft der Gäste fehlen würde", betonte Klaus Fischer, Regionalgeschäftsführer Allgäu der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben, die Wichtigkeit des Tourismus. Gerade im Servicebereich sei der Faktor Mensch entscheidend. Freundliche und gut ausgebildete Mitarbeiter seien das A & O in Hotellerie und Gastronomie.
Weil es in der Vergangenheit immer wieder bei der Ausbildungsreife mancher Jugendlicher gehapert hat, ist laut Fischer die Qualitätsoffensive "Q4U" umso wichtiger. "Q4U" ist eine Initiative der IHK Schwaben, des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (BHG), sowie der Allgäu Top Hotels und Allgäu Land Hotels, um junge Menschen fit für die Tourismus-Berufe zu machen.
Eine solche Unterstützung seitens der Dachorganisationen sei ferner nötig, weil 2009 im Allgäu rund 200 Lehrstellen in Hotels und Gasthäusern nicht mit geeigneten Kandidaten besetzt werden konnten.
Den Mangel an Bewerbern kann jedoch zum Beispiel Evelyn Richter (19) überhaupt nicht verstehen. Die junge Frau aus der Nähe von Leipzig (Sachsen-Anhalt) macht im Tannenhof in Oy-Mittelberg (Oberallgäu) ihre Ausbildung zur Hotelfachfrau: "Für mich war es die richtige Entscheidung. Der Beruf ist interessant, ich komme mit vielen Menschen zusammen und mit den anderen Lehrlingen leben wir wie in einer kleinen Familie. Ich würde es wieder so machen."
80 Prozent nicht aus dem Allgäu
Etwas von ihrer Begeisterung für den Beruf im Hotel konnte Evelyn Richter auf der Lehrstellenbörse rüberbringen. Auch ihr Chef Jens Lichy stand den Mädchen und Buben und ihren Eltern Rede und Antwort. Er verschwieg dabei nicht, dass es nach wie vor schwierig sei, gute Lehrstellenbewerber zu bekommen. Deshalb rekrutieren die im Tourismus tätigen Betriebe ihren "Nachwuchs" immer noch zum größten Teil aus anderen Regionen. "Zu 80 Prozent kommen die Azubis nicht aus dem Allgäu", weiß Lichy. Das gilt eben zum Beispiel für Evelyn Richter. Und auch für Daniel Oster (18). Der Augsburger lernt in Schüles Gesundheitsresort & Spa in Oberstdorf (Oberallgäu) Hotelfachmann. Für ihn steht schon fest: Nach der Ausbildung bleibe ich hier. Mir gefällt der Umgang mit den Gästen."