Nachspiel vor Gericht Chef der Faschingsgilde muss aber 15 000 Mark zahlen Kempten (pa). Das folgenschwere Unglück, bei dem auf dem Hof einer Gaststätte an der Äußeren Rottach am 1. Mai eine Zuschauerin von einem umstürzenden Maibaum erschlagen und ein Kind lebensgefährlich verletzt worden war, wird kein Nachspiel vor Gericht haben. Der Chef der Kemptener Staatsanwaltschaft, Günther Meltendorf, hat jetzt das Ermittlungsverfahren gegen Horst Bräuninger, den Vorsitzenden der Faschingsgilde Rottach, 'gegen Zahlung eines höheren Geldbetrages' vorläufig eingestellt. Laut Bräuninger sind das 15 000 Mark.
Schon zweimal hatte die Faschingsgilde einen Maibaum aufgerichtet, ohne dass es Probleme gegeben hatte. Heuer jedoch war der 17 Meter lange Stamm plötzlich ins Trudeln geraten und zu Boden gestürzt, als ihn rund ein Dutzend Helfer hochziehen wollte. Eine 59-jährige Frau wurde von dem Maibaum erschlagen, ihre fünfjährige Enkeltochter erlitt schwere Verletzungen.
Das Verfahren hatte der Leitende Oberstaatsanwalt Meltendorf selbst übernommen und wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zunächst gegen eine Reihe von Beteiligten ermittelt. Ein schuldhaftes Verhalten sei den Helfern, die nur am Strick gezogen hatten, jedoch nicht nachzuweisen gewesen. Denn weil es, so der Oberstaatsanwalt, in Bayern keine Vorschriften über das Aufstellen von Maibäumen gebe, könnten die Helfer im juristischen Sinne auch nichts 'falsch' machen.
Anders sehe das allerdings beim verantwortlichen Organisator der Brauchtumsaktion aus, dem Vereinsvorsitzenden Bräuninger. Dem, so Meltendorf, müsse er den Vorwurf machen, dass er nicht durch eine entsprechende Absicherung dafür gesorgt hatte, daß sich im möglichen Fallbereich des Maibaums keine Unbeteiligten aufhielten.
Anderseits, sagt der Oberstaatsanwalt, seien die Verletzungen des Kindes 'glücklicherweise folgenlos verheilt', und der Ehemann der getöteten Frau habe keinerlei 'Verfolgungsinteresse' bekundet. Außerdem müsse man sehen, dass es bei fahrlässigen Tötungsdelikten Fälle von 'ungleich höherem Schuldgehalt' gebe: Wenn beispielsweise ein betrunkener Autofahrer einen Menschen totfährt.
Deshalb machte Meltendorf von einer Regel der Strafprozessordnung Gebrauch, wonach ein Verfahren 'wegen geringen Verschuldens' eingestellt werden kann, wenn alle Beteiligten einverstanden sind. Das war hier der Fall: Wenn Bräuning 15 000 Mark an drei gemeinnützige Einrichtungen bezahlt hat, ist die Sache endgültig erledigt. 'Vorbestraft' ist er trotz des hohen Betrages nicht.
Im Fasching wird die Rottachgilde heuer zwar wieder mitmischen. Aber einen Maibaum, sagt ihr Vorsitzender, 'stellen wir nie wieder auf. Das haben wir so festgelegt'.