Gleich beim Betreten der Praxis des Sportheilpraktikers Boris Wittmann in Kempten sticht ein überdimensionales Foto ins Auge. Zu sehen ist der 46-Jährige aus Thalhofen neben dem strahlenden Sieger im Skeleton-Wettbewerb - dem Kanadier John Montgomery - bei den Olympischen Spielen in Vancouver. Darüber steht auf der Startnummer des Kanadiers "Danke Boris for the magic hands!" (Danke Boris für die magischen Hände). Für Wittmann - er trainierte in den vergangenen 25 Jahren unter anderem den ASV Hegge, TSV Wiggensbach, SSV Wildpoldsried und den FC Thalhofen - ein Indiz, dass sich sein Einsatz gelohnt hat.
Seit November unterwegs
Seit Ende November war er als Betreuer mit dem kanadischen Bob- und Skeletonteam bei allen Weltcup-Veranstaltungen in Europa und - als Höhepunkt - in Vancouver dabei. "Ich war nur über Weihnachten einige Tage zu Hause", sagt Wittmann, der die Strapazen jedoch gerne auf sich genommen hat. "Meine Frau war zwar nicht begeistert, aber die Chance einmal bei Olympia dabei zu sein, wollte ich mir nicht entgehen lassen. Das hat sie dann schon verstanden."
Nicht nur in puncto Familie musste Wittmann kürzertreten: die Praxis blieb in den vergangenen drei Monaten geschlossen. Jetzt ist er froh, wieder daheim bei der Familie zu sein und mit seinen Patienten zu arbeiten. "Ich habe wieder früher Feierabend und am Wochenende frei", schmunzelt Wittmann.
Davon konnte er in letzter Zeit nur träumen. Beinahe täglich war er von 6 bis 23 Uhr im Einsatz. Manuelle Therapie, chiropraktische Anwendungen, Akupunktur und das Filmen der Athleten bei ihren Fahrten standen an. "Wichtig beim Bob und Skeleton ist der Start. Um dort schnell zu sein, habe ich einiges mit dem Team gemacht", so Wittmann.
Darunter auch für Laien zum Teil schwer verständliche Dinge. So arbeitete der langjährige Fußball-Trainer für jeden Athleten ein spezielles Aufwärmprogramm aus, sodass eine hohe Zahl des Hormons Katecholamin produziert wird und der Athlet beim Start noch schnellkräftiger ist. Diese Methode scheint sich bewährt zu haben.
"Unser Team hat zwei Gold- und je eine Silber- und Bronzemedaille gewonnen", sagt Wittmann, der bereits seit drei Jahren als Betreuer - zuerst für das russische und dann für das kanadische Team - im Winter unterwegs ist.
Unvergesslich wird für ihn die Party nach dem Sieg des Skeletonis John Montgomery bleiben. "Das war eine riesen Sause im kanadischen Haus mit vielen ehemaligen kanadischen Sportstars", schwärmt Wittmann. Obwohl er von der Eröffnungsfeier und anderen Wettbewerben in Vancouver nichts gesehen hat, werden ihm die Tage in Kanada immer im Gedächtnis bleiben. "Ich habe im olympischen Dorf mit vielen Stars wie Simon Ammann oder Andre Lange gesprochen. Die Stimmung bei Olympia ist einzigartig."
Angebot von anderen Verbänden
Ob er kommende Saison das kanadische Team nochmals betreuen wird, steht noch nicht fest. Wittmann hat auch Angebote des deutschen und amerikanischen Verbandes und will in Zukunft wieder vermehrt in seiner Praxis arbeiten - und auch seine Frau und die Kinder dürften ein gehöriges Wort dabei mitsprechen.