Am Dienstag startet am Landgericht Kempten der Prozess gegen eine Schleuserbande. Die Staatsanwaltschaft legt den neun Beschuldigten insgesamt 13 Schleusungen zur Last.
Vierstellige Summe pro Person
Spätestens im Frühjahr 2019 sollen sich die Männer laut der Anklageschrift zusammengeschlossen haben und Schleusungen über unterschiedliche Abschnitte der "Balkanroute" durchgeführt haben - teilweise auch bis nach Deutschland. Abhängig von der Route soll die Bande demnach von jeder geschleusten Person eine vierstellige Summe verlangt haben. Auf der von der Gruppe am häufigsten bedienten Route zwischen Serbien und Österreich seien regelmäßig Beträge zwischen 5.000 und 7.000 Euro bezahlt worden.
Nicht vor lebensgefährdenden Handlungen zurückgeschreckt
Als Transportmittel setzte die Bande regelmäßig auf Autos und Vans. Je nach Anzahl der geschleusten Personen sollen teilweise auch mehrere Fahrzeuge gleichzeitig im Einsatz gewesen sein. Regelmäßig setzte die Gruppe auch "Scoutfahrer" ein, die vorausfuhren und vor eventuellen Polizeikontrollen warnen sollten. "Die Schleuserbande schreckte hierbei nicht vor das Leben der beförderten Personen gefährdenden Handlungsweisen wie dem stundenlangen Transport von Geschleusten im Kofferraum der Schleuserfahrzeuge zurück", heißt es in der Anklageschrift.
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Festnahme von Bandenoberhaupt in Österreich
Am 13.12.2020 erwischte die österreichische Polizei das Oberhaupt der Bande bei einer Schleusungsfahrt auf frischer Tat. Kurz vor der Festnahme hatte der Angeklagte noch versucht, mit seinem Auto vor der Polizei zu fliehen. Dabei habe er auf der B50 in Richtung Eisenstadt mehrfach riskant überholt und auch eine rote Ampel überfahren. Der Mann fuhr so schnell, dass ihn die Polizisten nicht einholen konnten, obwohl sie auf der Landstraße mit etwa 170 bis 180 km/h unterwegs waren. In dem Auto befanden sich zu diesem Zeitpunkt neun Personen, die er schleusen sollte. In Wulkaprodersdorf konnte die Polizei das Fahrzeug des Mannes schließlich stoppen und ihn nach kurzer Flucht zu Fuß festnehmen.
Bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe
Das Gesetz sieht für jeden einzelnen Fall eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vor. Die Angeschuldigten befinden sich seit Anfang des Jahres in Untersuchungshaft. Das Landgericht Kempten entscheidet nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Klage zur Hauptverhandlung.