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Laufend geträumt, endlich erfüllt

Marktoberdorf

Laufend geträumt, endlich erfüllt

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    Jürgen und Andrea Herzog wirken ein wenig müde. Trotzdem sind die beiden Pilger aus München fröhlich und ausgeglichen. Und vor allem froh, dass sie für diese Nacht nicht am Rand des Jakobsweges schlafen müssen, sondern in kuschligen Betten in Elfies Pilgerquartier. Anfang Mai hat Elfie Geipel zusammen mit ihrem Mann Erhard die erste Herberge für Jakobspilger in Marktoberdorf eröffnet - und sich damit einen lang gehegten Traum erfüllt.

    "Vor fünfzehn Jahren sind wir mit dem Virus Jakobsweg infiziert worden", sagt Geipel und lacht. Und mit unzähligen Etappen auf den Jakobswegen in ganz Europa sei der Wunsch gereift, irgendwann selbst mal ein Quartier zu eröffnen. Die Unterkunft der Geipels am Alsterberg hat allerdings wenig mit herkömmlichen Herbergen zu tun, in denen die Pilger schon mal in riesigen Mehrbettzimmern schlafen müssen. Zu zwei großzügigen Schlafräumen kommen eine geräumige Küche und ein Erholungszimmer mit großer Bücherwand und Blick auf die Kirche St. Martin. "Hier sollen sich die Pilger entspannen und ausruhen können", sagt Erhard Geipel. Schließlich gehen die Pilger am Tag zwischen 20 und 30 Kilometer auf dem Jakobsweg von München in Richtung Bodensee.

    Entschleunigung und Spontanität

    Die Geipels selbst sind begeisterte Jakobspilger. Innerhalb von zehn Jahren liefen sie den gesamten Weg bis nach Santiago de Compostela in längeren Etappen. Was die beiden daran so fasziniert, ist die Entschleunigung und die Spontanität. "Jeder Schritt ist ein neues Erlebnis", meint Elfie Geipel. Das bekomme man mit dem Fahrrad oder dem Auto gar nicht mit.

    Auf dem Weg nahmen sich die Geipels, die im vergangenen Jahr zwei Monate am Stück pilgerten, nie konkrete Ziele vor. "Das stresst einen nur unterbewusst", sagt Erhard Geipel. Und gläubig müsse man auch nicht zwangsläufig sein. Allerdings: "Man findet auf dem Weg zur Spiritualität", sagt Erhard Geipel.

    Um nun ein wenig der Gastfreundschaft und Herzlichkeit, die sie in vielen Jahren in der Schweiz, Frankreich oder Spanien erlebten, zurückzugeben, eröffneten sie nun das Haus. Sie selbst leben im Erdgeschoss, in der oberen Etage sind die Zimmer für die Pilger. "Nein, wir haben kein Problem damit, dass Fremde in unserem Haus schlafen", erzählt Elfie Geipel.

    Die Pilger seien eine große Familie und ein soziales Netzwerk, in dem Hilfsbereitschaft groß geschrieben werde. "Und spätestens am nächsten Morgen sind das ohnehin keine Fremden mehr", meint Erhard Geipel.

    Jürgen und Andrea Herzog, die auf dem Weg von München an den Bodensee sind, haben es sich inzwischen auf der Veranda gemütlich gemacht und lassen ihre Pilgerpässe ausstellen. "Man findet auf dem Weg zu sich", sagt Jürgen Herzog. Vorher haben sie aber zu den Geipels gefunden. Und im nun schon lebhaften Gespräch zeigt sich, was Elfie Geipel mit Pilgerfamilie meint.

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