Von Catarina Carsten, Marktoberdorf/Memhölz - Ursprünglich war das Alphorn ein Naturinstrument, das Hirtenvölker in Europa und Asien zur Verständigung benutzten. Außerdem diente es als kultisches Instrument, denn auch Morgenruf und Abendsegen wurden mit ihm geblasen. Im Allgäu erklang es in früheren Zeiten ebenfalls - und geriet irgendwann in Vergessenheit. Ende der 50er-Jahren wurde es im Allgäu wieder eingeführt. Das kam so: Bei seinen Studien entdeckte der gebürtige Allgäuer Dr. Hermann Regner, der in München Musikwissenschaft und Volkskunde studierte, den Namen 'Allgewisches Alphorn'. Er begab sich per Rad auf die Suche und fand im Museum der Benediktinerabtei Ottobeuren ein fast drei Meter langes Alphorn. Es handelte sich um einen ausgehöhlten Stamm, mit Leinen und Papier umwickelt. Regner berichtete dem damaligen Heimatpfleger von Schwaben, Dr. Alfred Weitnauer, von seinem Fund. Beide beschlossen, dass das Alphornblasen im Allgäu wieder aufleben sollte. Das erste Alphorn wurde aus der Schweiz eingeführt, wo es bis heute in ungebrochener Tradition gespielt wird. Im März 1958 erklangen auf dem 'Grasgütlein bei Ettwiesen' (nahe Marktoberdorf) die ersten 'urigen' Töne dieses Naturinstruments, die wie keine anderen in diese Landschaft passen. Geblasen wurde es von dem Musiker Alois Blank aus Marktoberdorf. In einer anschließenden Besprechung waren sich Regner und Weitnauer einig, dass die Alphörner im Allgäu wieder von Alpe zu Alpe erklingen sollten. Man wollte sich auch darum bemühen, dass die Instrumente dort geblasen werden, wo sie hingehören - nämlich auf die Alpen. Heimatpfleger Weitnauer wollte eine touristische oder volkstümliche Vermarktung verhindern.
Das erste Alphorn kam ins Ostrachtal und zwar zu Michael Bredl nach Hindelang, dem bekannten Volksmusikpfleger von Schwaben, der sich große Verdienste auch um das Alphorn erwarb. Nach ihm übernahm Toni Hassler aus Sonthofen den Vorsitz des inzwischen gegründeten Arbeitskreises 'Alphornblasen im Allgäu'. Auch er ist seit mehr als zwei Jahrzehnten im Dienst des einstigen 'Allgewischen Waldhorns'. Inzwischen gibt es gut 80 Gruppen und weit über 300 Alphornbläser im Allgäu. Geblasen wird das fast vier Meter lange Röhreninstrument zu vielen Gelegenheiten: unterm freien Himmel, bei Konzerten, wohl hier und da auch im Festzelt und bei vielen Alphornbläser-Treffen. Man darf also nüchtern feststellen, dass aus dem uralten Kultinstrument heute ein Masseninstrument für Massenveranstaltungen geworden ist, denn das Alphorn ist populär geworden und erfreut sich großer Beliebtheit. Hermann Regner, der heute in Hallein/Österreich lebt und gesundheitlich angeschlagen ist, meint zum dem Thema lächelnd: 'Ich habe schon, als das Alphorn zum ersten Mal in Marktoberdorf erklang, gesagt, dass wir um Gaudi, Bierzelte und Volksfest wohl nicht herumkommen werden. Aber auch für die Hirten unserer Zeit hat sich ja die Technik geändert ' i Am Sonntag, 25. August, findet im Memhölz (Oberallgäu, nähe Waltenhofen) das 44. Allgäuer Alphornbläser-Treffen statt. Erwartet werden rund 56 Gruppen und 250 Bläser aus dem gesamten Allgäu, Österreich und der Schweiz sowie Schweizer Fahnenschwinger. Nach dem Feldgottesdienst (um 9.30 Uhr) beginnen die Gruppen mit ihren Einzelvorträgen (ab 12.30 Uhr). Höhepunkt des Treffens in Memhölz soll der Gesamtchor aller 250 &po_254;Alphornbläser werden.