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Ländliche Liebe zu Europa

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Ländliche Liebe zu Europa

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    Ländliche Liebe zu Europa
    Ländliche Liebe zu Europa Foto: helmschrott

    Wie wirkt sich europäische Politik im Allgäu aus? Was bedeuten Entscheidungen der Europäischen Union für die Menschen hier? In einer lockeren Serie gehen wir diesen Fragen vor der Europawahl am 7. Juni nach - heute geht es um Fördergelder für die ländliche Entwicklung.

    Marktoberdorf/Ostallgäu Was haben ein Engländer von heute, ein Gallier aus der Antike, eine Allgäuer Stadt und das Römische Reich miteinander zu tun? Auf den ersten Blick wohl wenig. Aber ein von der EU gefördertes Projekt führt sie zusammen. Denn diese Verbindung ermöglichte den Erhalt eines römischen Badhauses im Ostallgäu.

    LEADER heißt dafür das Zauberwort. Leader steht für "Liaisons Entre les Actions du Développement de lEconomie Rural". Und das französische Wort "Liaison" übersetzt das Fremdwörterbuch auch mit "Liebesbeziehung". Eine solche Liaison gibt es auch zwischen Allgäu und EU. Das Leader-Programm verfolgt seit 1991 das Ziel, die ländliche Wirtschaft zu entwickeln, Potenziale besser zu nutzen und die Lebensqualität in den Dörfern zu verbessern. Angefangen hat dies mit einigen wenigen Leader-Regionen.

    Als 2007 die neue Förderperiode startete, wollten alle Allgäuer Landkreise an dieser europäischen Liebesgeschichte teilhaben.

    Immerhin hat die Braut aus Brüssel auch eine ordentliche Mitgift: Bis 2013 gibt Europa 75 Millionen Euro an die bayerischen Partner. Im Allgäu profitieren davon die lokalen Aktionsgruppen im Unter-, Ost-, West- und Oberallgäu, am Bayerischer Bodensee und Auerbergland.

    "Bürger gestalten ihre Heimat!" So lautet das Motto der Leader-Förderung in Bayern. Maßgeblich für die Bewilligung von Zuschüssen, so Ethelbert Babl, Leader-Manager am Landwirtschaftsamt in Kempten, sind Bürgerbeteiligung, Wertschöpfung, Vernetzung, Nachhaltigkeit und Innovation. Dafür flossen zwischen 2000 und 2006 schon rund 11,5 Millionen Euro ins Allgäu - rund ein Fünftel der Mittel, die bayernweit für 45 Gruppen ausgeschüttet wurden.

    Angestoßen wurden damit 26 Millionen an Investitionen.

    Radregion und Milchwirtschaft

    Die Projekte waren sehr unterschiedlich. Geld floss beispielsweise allgäuweit in die Entwicklung der Radregion. Lokal wurden die Weißtanneninitative im Westallgäu gefördert, aber auch der Ausbau der Sennerei Lehern zum Milchwirtschafts-Infozentrum. Diese Ostallgäuer Käserei zählt zu den Vorzeigeprojekten: Es fördert den Tourismus, verbessert die lokale Vermarktung und es entstanden zwölf neue Arbeitsplätze. Babl weiß aber, dass nicht alle Projekte - vor allem einmalige Veranstaltungen - eine solche Nachhaltigkeit entfalteten.

    Allen Vorhaben gemeinsam ist die Einbeziehung der Menschen in der Region, die sich um ein Projekt kümmern. Dies gilt beispielsweise für das Römerbad Kohlhunden bei Marktoberdorf. Als beim Straßenbau 2002 eine Römer-Villa entdeckt wurde, entstand für 280000 Euro ein Glashaus rund um die Mauerreste. Ein Verein mit rund 65 Mitgliedern übernahm nach der Eröffnung 2006 die Betreuung. Das Römerbad zieht seither nicht nur Schüler und Spaziergänger aus der Region an, sondern auch Touristen. Denn der Verein hält die Geschichte auch durch viel Aktionen am Leben.

    Das Museum verzeichnet rund 2600 Besucher pro Jahr. "Wir wollten kein Museum, das nur von 9 bis 12 besucht werden kann", erklärt Vorsitzender Geoffrey Cheeseman. Der Brite, früher als EU-Bürger Geschäftsführer der Bayerischen Musikakademie in Marktoberdorf, berichtet, dass viele Besucher außerhalb der Öffnungszeiten durch die großen Fenster schauen.

    Mit einem Engländer an der Spitze und vermutlich Galliern (Franzosen), die vor 1800 Jahren in Kempten in den Legionen Roms dienten, als Erbauern, vereint das Römerbad Europa auf besondere Weise.

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