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Kurze Strecke überm Abgrund

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Kurze Strecke überm Abgrund

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    Wie der Maler Wolfgang Lettl das menschliche Leben sieht ­ Neues Museum in Lindau. Von unserer Mitarbeiterin Susi Donner Lindau Der 1919 in Augsburg geborene Surrealist Wolfgang Lettl richtete in Lindau am Bodensee sein eigenes Museum ein. 'Lettl in Lindau' heißt die nun eröffnete Dauerausstellung, die in den Räumen der Industrie- und Handelskammer, im Haus der Wirtschaft und im Internationalen Hochschulinstitut zu besichtigen ist. Damit erhält Lettl sein zweites Refugium in Schwaben, denn in der IHK Augsburg besteht bereits seit zehn Jahren das 'Lettl-Atrium'.

    Hört man Museum, denken viele Menschen an düstere, verstaubte Gemäuer und an uralte Ausstellungsstücke. Mit dem 'Lettl Museum' sind solche Begriffe allerdings nicht in Verbindung zu bringen. Hell, freundlich und lichtdurchflutet präsentiert sich das renovierte Gebäude der IHK im frischen Jugendstil. Doch es hatte zu viele weiße Wände. Die sind nun ersetzt durch die einzigartigen surrealen Bilder des Malers Wolfgang Lettl. Oder sollte man besser sagen, die Bilder leben hier? Denn zu leben scheinen sie allemal. Vier überdimensionierte Figuren vor dem Gebäude, die nach dem Motiv 'Die Mannschaft' von Lettl und dessen Sohn Florian erstellt wurden, laden zu einem Besuch ein.

    Betritt man das Treppenhaus, ist man schon mittendrin. Mittendrin in einer Welt aus Farbe, Licht, Phantasien und Visionen. Die Bilder, die hier ausgestellt sind, zeigen den größten Teil der in den Jahren 1993 bis 1998 entstandenen Werke des Malers. Der untere Teil des Treppenaufgangs ist mit der Bildserie 'Nachträume' gestaltet.

    Der Künstler selbst sagt dazu: 'Ein Brett, das in eine tiefe Schlucht eingeklemmt die steilen Seitenwände unbedeutend miteinander verbindet; sozusagen als Symbol des Lebens: eine kurze Strecke über dem Abgrund mit unbekanntem Vor- und Nachher. Und auf dieser engen Bühne spielt sich alles ab.' Bei dem Werk 'Der König und sein Tod' beispielsweise ist es dem König mit Zepter und Krone gelungen, seinen Thron und sich selbst auf das schmale Brett zu retten, aber auf dem Brett daneben grinst ihm der Tod höhnisch entgegen. Er ist der Mächtigere.

    16 verschieden Szenen aus dem Leben, verfremdet, bruchstückhaft und unvollständig und doch am Ende vollkommen, sind hier dargestellt. Über 60 große und kleine surreale Bilder des Künstlers verteilen sich harmonisch über drei Stockwerke, Seminarräume und Säle des IHK-Gebäudes. Der Stil des Malers, seine Art mit Formen und Farben, mit den Facetten menschlicher Wesensart umzugehen, seiner Rätselhaftigkeit verdanken die Werke, dass sie selten bedrückend wirken. Eher berauschend, belustigend, fröhlich.

    Der feine Humor des Künstlers und seine Art die Dinge zu sehen, hinter die Fassaden zu blicken, die skurrile Zerrissenheit, das scheinbare Chaos, lassen seine Werke zum Tagtraum werden. Lettl selbst redet nicht so gern über seine Bilder: 'Sie haben ihre eigene Sprache.' Der Surrealismus ist nicht der einzige Aspekt des Malers. Im Haus der Wirtschaft und in der IHL sind zudem Skulpturen und Aquatinta- Radierungen ausgestellt. Seine impressionistischen Ferienbilder entstanden in seinem Feriendomizil in Apulien.

    i Die Ausstellung ist Montag bis Donnerstag 8­17 Uhr, samstags (8­13 Uhr), sonn- und feiertags (13­17 Uhr) geöffnet.

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