Von Jochen Sentner, Kempten/Oberallgäu - Nichts ist so kurios, dass es in Katastrophenlagen wie derzeit im Osten Deutschlands nicht doch passieren würde: Kräfte des Technischen Hilfswerks (THW) aus Kempten berichteten vom Bürgermeister eines Dorfs, der in Zwangshaft genommen wurde, nachdem er sich gegen den Einsatz der Hilfskräfte in dem Ort gewehrt hatte. Die Anforderungs-Scheine unterzeichnete daraufhin der Pfarrer 31 Kemptener THW-ler waren vergangenes Wochenende zum Hochwassereinsatz abgerückt. 'Wir kamen in der ,Chaos-Phase\' an', erklärt Matthias Grath: 'Es hat einen Tag gedauert, bis Strukturen erkennbar waren.' Er gehört zur Fachgruppe Führung/Kommunikation, die höchstes Lob von ihren Kollegen einheimste: Die sitzen hier ohne Ortskenntnis, aber organisieren alles von der Seife bis zum Bergungsräumgerät', lobt ein Helfer, der mit Allgäuern in Pirna zusammenarbeitete. Zum technischen Zug gehört Michael Diepolder. Der Kipper-Fahrer erlebte zermürbende Wartezeiten genauso wie Knochenjobs beim Abtransport von Sandsäcken: 'Die Dinger wiegen 20 bis 30 Kilo und stinken zum Himmel'. Manche freie Fläche wurde für die ölverschmierten Sandsäcke und die Tonnen von Sperrmüll aus überfluteten Wohnungen kurzerhand zur Sondermüll-Deponie erklärt. Gefragt waren auch die Spezialgeräte, die das THW bewegen kann. Mit einem Bagger, der auch im Bergwald eingesetzt wird, gelang es beispielsweise, einen völlig aufgeweichten Damm fachgerecht zu durchbrechen, um die gestauten Fluten aus überschwemmten Gebieten wieder abfließen zu lassen.
Donnerstag Abend kehrten die THW-ler wieder ins Allgäu zurück. 'Jetzt stehen Nachimpfungen gegen Hepatitis an', berichtet Ortsbeauftragter Gerhard Juli. Die Impfstoffe, die Erkrankungen durch das mit Tierkadavern und Fäkalien verseuchte Wasser verhindern sollen, waren im Einsatzgebiet nicht mehr zu bekommen. Ein Sonderlob haben die ehrenamtlichen Helfer übrig für ihre Arbeitgeber: 'Da fällt es auch vielen schwer, auf ihre Mitarbeiter zu verzichten', weiß Jörg Lamerz, der selbst in einer Firma mit drei Beschäftigten tätig ist. Ähnliches gilt für Mitglieder der anderen Hilfsorganisationen. 48 Feuerwehrler waren zuletzt im Osten im Einsatz, ein Dutzend Johanniter half in Dresden, dort hatte auch das Rote Kreuz Oberallgäu 30 Kräfte im Einsatz (wir berichteten). 'Die Leute sind völlig erschöpft, wenn sie wiederkommen', hat Kreis-Geschäftsführer Alexander Schwägerl beobachtet, 'aber auch froh, wenn sie den Opfern helfen konnten.' Gestern machte sich ein weiteres Team der Johanniter auf den Weg nach Dresden. Die Allgäuer sind zur Unterstützung des Rettungsdienstes angefordert. Viele Patienten können in ihre ursprünglichen Kliniken zurückgebracht werden. Daneben wollen die Johanniter bei den Aufräumarbeiten mit anpacken. Den Kampf gegen die Wassermassen in Dresden zeigt das linke Foto, das die Allgäuer Johanniter bei ihrem Einsatz geschossen haben. Vom Technischen Hilfswerk stammt die Aufnahme aus Krippen (rechts): An den Hausmauern ist zu erkennen, wie hoch dort das Wasser stand.