Maierhöfen | rau | Ein Jäger aus Oberschwaben wollte seine Heimatstadt, den Hochgrat, den er von zu Hause aus sieht, sein Jagdhaus in der Schweiz und sein bevorzugtes Wild - Gemsen und Steinböcke - auf seinem Jagdgewehr. Kein Problem für Jagdwaffengraveurin Sigrid Mückenheim aus Maierhöfen, die aufs Pistolengriffkäppchen auch noch ein Bild vom Hund eingravierte.
Kleine Kunstwerke entstehen auf dem 'System', auf Schaft und Schaftmagazin und Pistolengriffkäppchen. Die Jagdwaffe gravieren zu lassen ist kein billiges Vergnügen aber dafür etwas sehr Persönliches. 'Die Waffe muss erzählen', sagt Sigrid Mückenheim.
Gelernt hat sie Waffengravur in der thüringischen Stadt Suhl, wo sie zwölf Jahre in einer Waffenfabrik arbeitete und danach fünf Jahre im Waffenmuseum alte Waffen restaurierte. 1982 machte sie sich in Berlin selbstständig. Mit Meisternachweis war das auch in der DDR möglich.
Als in der Wendezeit Randalierer das Schaufenster ihrer Werkstatt einschlugen und der Dachstuhl ihres Hauses brannte, wurde Sigrid Mückenheim und ihrem Mann Hartmut, einem Militärhistoriker, das Leben in Berlin verleidet. Bestehende Kontakte zur Isnyer Jagdwaffenfabrik erleichterten die Entscheidung, 1982 ins Allgäu zu ziehen.
Ordner mit Fotos
Die Kundschaft der hiesigen Büchsenmacher, für die Sigrid Mückenheim arbeitet, kommt aus aller Welt. So hat sich bei ihr ein dicker Ordner voller Fotos und Zeichenvorlagen des Wildes angesammelt. So wie die Waffe zum jeweiligen Jagdwild passen muss, so soll auch die Gravur entsprechend gestaltet sein. Der eine wünscht sich Elche auf dem Gewehr, andere wollen Bären oder Wildschweine und hier im Allgäu sind auch Reh, Hirsch oder Fuchs beliebte Motive. Und dann gibt es auch noch Jäger, die auf Wasservögel spezialisiert sind.
'Deine Enten sehen aus wie Trappen', musste sich Sigrid Mückenheim zu Berliner Zeiten mal anhören. Sie hat die Enten dann 'abgespeckt'. Exakte Skizzen vom Motiv dienen als Vorlage und da erweist sich die Graveurin als hervorragende Zeichnerin. 'Wenn der Jäger gut beschreiben kann, wird es leichter', sagt sie. Denn das jeweilige Tier soll im passenden Biotop stehen. Einen Hochstand darf sie nur für deutsche Jäger zeichnen, das kennt man andernorts nicht. Altdeutsche oder englische Ornamente sind beliebt zur Verzierung.
Mit Hammer und verschiedenen Sticheln werden die Motive eingraviert. Meist ist das zu gravierende System aus Aluminium. Der schwerere Stahl, in den auch Feingold einlegt werden kann, kommt seltener in den Schraubstock. Mythologisches darf es bei der Gravur auch mal sein. Die Sage von der Jagdgöttin Artemis, die Aktaion, der sie beim Bade beobachtete, grausam bestrafte, fand in der kleinen Maierhöfener Werkstatt ebenso auf eine Waffe, wie die Nibelungensage.
Etwas Besonderes sind auch die gravierten Jagdmesser. Da arbeitet Sigrid Mückenheim mit 'Scrimshaw', einer Ritztechnik, die von den Walfängern stammt, die die Walknochen verzierten. Wenn ihr die Motive ausgehen, kann sie immer noch im 'Suhler Gravurbuch von 1885 bis 1889', das sie im Original besitzt, nachsehen.