Von unserem Redaktionsmitglied Klaus Schmidt Sonthofen - 'Die Bilder mancher Maler sehen im Katalog besser aus als im Original.' Solche Aussage stammt keineswegs von einem bissigen Kunstkritiker, sondern von einem bildenden Künstler selbst. Bertram Schilling, 1971 im schwäbischen Krumbach geboren und derzeit in Sonthofen und München lebend, bezieht den Satz nicht nur auf die Arbeiten von Kollegen. Auch bei einem eigenen Werk hegt er diese Hoffnung. Der ein wenig selbstironisch formulierte Wunsch bezieht sich auf 'Institut', ein sechs Jahre altes kleinformatiges Ölgemälde, das zusammen mit einer weiteren Arbeit Schillings, betitelt 'Kanu', eine wundersame Vermehrung erlebt hat. Beide Bilder werden ab sofort in den Geschäften der Supermarktkette 'Aldi Süd' in Originalgröße als Kunstdrucke angeboten: im Holzbilderrahmen, hinter Glas, vom Künstler handsigniert und nummeriert. Preis: 12,99 Euro. Zum dritten Mal startet die Billig-Handelskette eine solche Aktion, in der sie interessante Kunst zu möglichst günstigen Preisen verkaufen will. Zehn Künstler aus ganz Deutschland wurden diesmal dafür ausgewählt, weiß Schilling. Über den Oberstdorfer Kunsthändler John Kohl hatte er Klaus Schmitt aus dem Ruhrpott kennen gelernt, der an der letzten Kunstaktion bei 'Aldi' teilgenommen hatte. Schmitt gab Fotos und Kataloge von Schillings Arbeiten weiter. Vier Werke kamen fürs neue Projekt in die engere Wahl, zwei wurden schließlich in einer Auflage von jeweils 5000 Stück als Offset-Druck vervielfältigt. Dann wartete eine 'unschöne Arbeit' auf Schilling. Er musste die 10 000 Drucke von Hand signieren.
Vier Tage habe das gedauert, erinnert er sich: 'Nach dem zweiten Abend konnte ich schon nicht mehr richtig schreiben.' Ob die Künstlersignatur bei solcher Auflage für einen Wertzuwachs sorgt, sei fraglich, meint Schilling. Doch darauf komme es den Erwerbern wohl gar nicht an. 'Viele kaufen die Bilder nur, um einen günstigen Rahmen zu haben', sagt der Maler und spricht aus eigener Erfahrung. Bei der vergangenen Kunstaktion habe auch er aus diesem Grund zugegriffen, denn viele Arbeiten gefielen ihm damals einfach nicht. Kunst also nur als Beigabe? Kratzt das nicht am Selbstverständnis des Künstlers?Sein Ansehen sieht Schilling, bis 2003 Meisterschüler von Rolf Lobeck in Kassel, nicht dadurch gefährdet, dass seine Bilder beim Billig-Discounter angeboten werden. Für ihn passen sie in diese Umgebung. Denn er kaufe die Leinwände für die kleinen Formate ja auch im Supermarkt. Reizvoll sei für ihn das Projekt aus finanziellen Gründen gewesen und durch die Möglichkeit, seine Kunst weit zu verbreiten. Der 'Missionierungsgedanke' sei zwar ein 'bisschen albern', aber vielleicht werden durch diese Aktion Menschen an die Malerei herangeführt, die sich sonst gar nicht damit beschäftigen würden. Bertram Schillings Malerei ist 'abstrakt und gegenständlich zugleich', wie es im Katalog zu seiner diesjährigen Kemptener Ausstellung 'Zentrale Provinzen' heißt. 'Institut' zum Beispiel reduziert die Rücken übereinandergestapelter Bücher zu einem grafischen Muster. Einem Muster, welches das zugrunde liegende Objekt der Abstraktion noch genau erkennen lässt, sein Motiv aber spielerisch weiterverarbeitet. In kräftigen Farben und klaren Formen. Ideal eignet sich solch eine Arbeit zweifellos als Druckvorlage. Doch sieht der handsignierte Druck wirklich besser als das handgemalte Bild aus? Wer das Original vor kurzem in der Kemptener Kunsthalle betrachtet hat, dem dürften Zweifel kommen.