In Baden-Württemberg schreiben die Grünen Geschichte und stellen erstmals den Ministerpräsidenten. Wie könnte sich dieses Wahlergebnis auf der kommunalen Ebene auswirken? Unsere Zeitung sprach mit Vertretern von Grünen, SPD und CSU.
Beflügelt und in ihrem Tun bestätigt fühlt sich Clara Knestel, Fraktionssprecherin den Grünen im Stadtrat. Sicher: Die atomare Katastrophe von Fukushima und die daraus resultierende Angst vor Atomkraft habe zu diesem Ergebnis beigetragen. Aber auch die Glaubwürdigkeit, die die Grünen über die Jahre hinweg unter Beweis gestellt hätten. Die Partei sei "in der Mitte des Volkes" angekommen und ihres Erachtens auf dem Weg zur Volkspartei. Sie berichtet von einem merklichen Zulauf zu den Grünen im Ostallgäu. Vor Ort sieht Knestel Möglichkeiten, weiter in Richtung Nachhaltigkeit zu arbeiten: beispielsweise noch stärker auf die Notwendigkeit der energetischen Sanierung von Gebäuden oder den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs hinzuwirken.
SPD-Stadtrat Wolfgang Hannig freut der Sieg der Grünen in Baden-Württemberg einerseits, andererseits gruselt es ihn aber, wenn er an die Wahl denkt: "Viele Leute wussten nicht, wofür die SPD steht. Das darf nicht sein", sagt Hannig. Auch die SPD stehe seit vielen Jahren beispielsweise für den Atomausstieg. "Die SPD muss da einfach auf ihren Positionen beharren und sie mehr in die Öffentlichkeit tragen." Den Wahlsieg der Grünen führt Hannig auf die dramatische Lage in Japan und auf die Hartnäckigkeit der Partei zurück: "Wenn man wie die Grünen über Jahre Positionen zielstrebig vertritt und sich nicht verbiegen lässt, wird das vom Wähler belohnt." Seine Partei dürfe sich bei ihren Kernthemen Soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und Bildung "die Butter nicht vom Brot nehmen lassen". In Marktoberdorf damit beim Wähler zu punkten, sei aber schwierig.
"Der Stadtrat zieht meistens an einem Strang und hat gerade in Sachen Energiepolitik schon viel erreicht". Es gehe allerdings immer noch mehr.
Nach Einschätzung von Eduard Gapp, Sprecher der CSU-Fraktion im Stadtrat und Ortsverbandsvorsitzender, sind die Grünen mittlerweile "auf dem Weg zu einer Volkspartei angekommen". Sie träfen mit ihrer Politik "den Nerv der Bürger" und hätten mit Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg einen Mann an der Spitze, der Verlässlichkeit signalisiere. Wies letztlich mit einem grünen Ministerpräsidenten laufe, werde sich zeigen.
Noch Handlungsbedarf
Hier Kommunalpolitik, dort Landespolitik - für Gapp ist klar, dass man da unterscheiden muss. So stehe die CSU Marktoberdorf "grundsätzlich für erneuerbare Energien". Die hiesigen Christsozialen seien in den Bereichen Energie und Umwelt "gut aufgestellt". Doch sieht Gapp bei der lokalen Umweltpolitik durchaus noch Handlungsbedarf. Während er gegenüber Windrädern "nach wie vor große Bedenken" habe, ist für ihn das Feld der Fotovoltaik keineswegs ausgereizt. So müssten - auf örtlicher Ebene - die Voraussetzungen für eine höhere Effizienz der Anlagen verbessert werden. Darüber hinaus gelte es, bei der Wärmeversorgung verstärkt neue Wege zu gehen.