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Küchenmeister, Offizier, Philosoph

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Küchenmeister, Offizier, Philosoph

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    Von der Küche aus geht der Blick über den Bodensee auf die schneebedeckten Berge Vorarlbergs. Doch für das Panorama hat Bruno Wahrbichler keinen Blick. Konzentriert richtet der 61-Jährige sein Mousse au chocolat auf Tellern an. Das Dessert ist Abschluss eines fünfgängigen Menüs, Ende eines zehnstündigen-Prüfungstages. Wahrbichler ist einer von einem halben Dutzend Köche, die in der Lindauer Berufsschule zur Küchenmeisterprüfung angetreten sind.

    Für viele Köche ist der Meisterbrief eine wichtige Station in der beruflichen Laufbahn. Für Wahrbichler ist sie deren Abschluss. "Ich wollte es mir noch einmal geben", erklärt der 61-Jährige, warum er sich den Stress einer mehrtägigen Prüfung antut.

    Deren Abschluss und Höhepunkt ist ein fünfgängiges Menü, das die Köche selber geschrieben haben. Vorgegeben sind ein Warenkorb und bestimmte Rahmenbedingungen. Der Hauptgang beispielsweise muss sieben Bestandteile haben, alle Gemüse müssen auf verschiedene Weise zubereitet sein. "Fordernd", beschreibt Wahrbichler die Aufgabe. Kreativität und handwerkliches Können seien gleichermaßen nötig. Kochkunst ist halt gefordert.

    "Abwechslungsreich" könnte man die Laufbahn von Wahrbichler nennen. Nach der Kochlehre hat er 16 Jahre lang als Koch gearbeitet, war unter anderem Küchenchef auf dem Gebhardsberg, hat in der Karibik und im Mittelmeer auf Kreuzfahrtschiffen gekocht und in einem Spital auf dem Fließband angerichtet. "Die Arbeit hat mich immer ausgefüllt", sagt er. Trotzdem hat er die Kochmütze an den Nagel gehängt. Ehe und Beruf vertrugen sich nicht, Wahrbichler entschied sich für die Liebe. "Ich wusste, wenn ich diese Frau halten will, musst du einen Job nine to five haben", blickt er zurück.

    Wahrbichler ging zum Bundesheer. Weil Köche nicht gebraucht wurden, arbeitete er als Versorgungsunteroffizier. Mit dem Status wollte sich der "Ehrgeizling" (Wahrbichler über Wahrbichler) aber nicht zufrieden geben, er machte das Abitur nach, wurde Offizier, ging in den diplomatischen Dienst und leitete am Ende als Oberstleutnant die UNO-Beobachterkommission im Kosovo. Seit September ist der Lochauer im Ruhestand, der so ruhig auch wieder nicht ist. Wahrbichler hilft regelmäßig bei der Familie Hehle im "Schönblick" und im "Sonnenhof" in Eichenberg mit. Und weil ihm der Nachwuchs am Herzen liegt, kümmert er sich als Obmann im Verband der Köche Österreichs um die Fortbildung junger Köche. Auch das ist ein Grund, weshalb er noch im Ruhestand die Meisterprüfung macht. "Die jungen Leute haben vor einem Meister mehr Respekt", sagt er.

    Den können sie haben. Wahrbichler besteht die Prüfung mit der Note 2. "Besser als erwartet", sagt er selber und spricht schon von seiner nächsten "Anti-Altzheimer-Therapie". Der 61-Jährige studiert an der Fernuni in Hagen Kulturwissenschaften, Philosophie und Geschichte. "Ich will noch Philosoph werden", sagt er.

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