"Es war für uns selbstverständlich, zu helfen." Über zwei Jahre hinweg bewirtschafteten Josef Holzheu und Wolfgang Wörle die Ländereien der Familie Heilmann am Koppenhof mit - unentgeltlich, als Nachbarschaftshilfe. Über den Maschinenring organisierten sie das dritte Jahr und wurden dafür entsprechend entlohnt. Nun wurde ein Großteil der Felder verpachtet.
Die beiden Honsolgener Landwirte warteten die Maschinen des Koppenhofs, bestellten die Felder, fuhren die Ernte ein. Oft bis spät in die Nacht und am Wochenende. Denn neben dem Nachbarhof bewirtschaften beide ihre eigenen Bauernhöfe.
Die außergewöhnliche Nachbarschaftshilfe hat einen tragischen Hintergrund. Vor rund drei Jahren erkrankte der Besitzer des Koppenhofs, Andreas Heilmann, mit 53 Jahren schwer. Er ist seitdem nicht mehr in der Lage, den Hof zu führen. "Er kippte einfach um. Inzwischen ist er in einer Reha-Klinik, sein Gesundheitszustand bessert sich sehr langsam", erzählt der 84-jährige Vater Hans-Christoph Heilmann.
Die enge Freundschaft zwischen Andreas Heilmann und Wolfgang Wörle ließ diesen nicht lange zögern. Er sprang ein, als man ihn brauchte. "Ich bin sicher, Andreas hätte das Gleiche auch für mich getan", ist der Landwirt überzeugt und fügt hinzu: "So einen Freund muss man lange suchen."
Also bewirtschaftete Wörle zusammen mit Josef Holzheu ("der Koppenhof war immer schon ein Ort, wo ich mich gerne aufhielt") rund 60 Hektar Land zusätzlich.
Mittlerweile konzentrieren sich die beiden wieder auf ihre eigenen Betriebe. Denn der zwischenzeitlich von Andreas Heilmanns Ehefrau eingesetzte Betreuer ihres Mannes verpachtete einen Großteil der landwirtschaftlichen Flächen an einen anderen Bauern. Der Familie liege es am Herzen, die Landwirtschaft aktiv zu erhalten, sagt der Betreuer.
Der Koppenhof hat eine lange Geschichte, seine Besitzer lassen sich zurückverfolgen bis ins Jahr 1364. Hans-Christoph Heilmann hat sich 2005 anlässlich des 50. Jahrtags seines Hoferwerbs die Mühe gemacht und in den Analen geforscht.
Im Jahr 1955 kaufte der diplomierte Landwirt aus München den Aussiedlerhof. Ein Jahr später heiratete er seine Frau Ingeborg. Sie bekam vier Kinder, Andreas ist der Älteste.
Lebhaft und weltoffen
Auf dem Koppenhof ging es all die Jahre immer lebhaft und weltoffen zu. "Weil wir keine Zeit hatten, zu reisen, holten wir uns die Welt hierher", erzählt Ingeborg Heilmann mit einem Lächeln im Gesicht. Noch heute erinnert sich die fast 80-Jährige gerne zurück an die zahlreichen Praktikanten und Lehrlinge aus aller Herren Länder.
Insgesamt - auch darüber hat ihr Mann akribisch Buch geführt - bildete der Betrieb 73 Lehrlinge und Praktikanten aus. "Rahim aus Teheran ruft heute noch an Weihnachten und an meinem Geburtstag an, um zu gratulieren", sagt Ingeborg Heilmann.
In Zeiten, als noch kein Hof weit und breit an automatisiertes Melken dachte, gab es am Koppenhof bereits einen Melkstand. "Wir gehörten zu den Ersten, die Rinder enthornt haben", berichtet Hans-Christoph Heilmann. Anfangs brachte ihm dies "gewaltigen Ärger" mit dem Landwirtschaftsamt ein; später taten es ihm viele Berufskollegen gleich. "Wir probierten hier vieles aus, was beispielgebend war", erzählt Heilmann. Er will sich dabei jedoch keineswegs in den Vordergrund drängen. Im Gegenteil: "Selbst habe ich dies meist nicht so realisiert. Aber später wurde es uns immer wieder von jüngeren Landwirten so zugetragen."
In den Vordergrund drängen wollten sich die Besitzer des Koppenhofes auch nie bei den Dorfbewohnern. Dennoch sei es für die beiden stets "selbstverständlich gewesen, zu helfen oder Maschinen zu verleihen, wenn jemand sie brauchte". Und diese Hilfe kam nun zurück. Ingeborg und Hans-Christoph Heilmann haben sich seit der Hofübergabe an ihren Sohn im Jahr 1995 langsam aufs Altenteil zurückgezogen. In die Zukunft schauen sie "mit einem weinenden Auge".
"Andreas liebt seinen Hof und es wäre unser Wunsch gewesen, dass er ihn führt", sagt Hans-Christoph Heilmann. Wie es nun weitergeht, das vermögen die beiden nicht abzuschätzen. Und Ingeborg Heilmann wird ganz leise, wenn sie sagt, "wir sind gerade dabei, uns mühsam vom Koppenhof abzunabeln".