Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Kokainskandal in Kempten: Angeklagter Chef-Drogenfahnder möglicherweise schuldunfähig?

Justiz

Kokainskandal in Kempten: Angeklagter Chef-Drogenfahnder möglicherweise schuldunfähig?

    • |
    • |
    Kokainskandal in Kempten: Angeklagter Chef-Drogenfahnder möglicherweise schuldunfähig?
    Kokainskandal in Kempten: Angeklagter Chef-Drogenfahnder möglicherweise schuldunfähig? Foto: Patrick Pleul (dpa-Zentralbild)

    Er soll seine Ehefrau vergewaltigt und zu töten versucht haben - doch wusste Armin N., damals Chef der Allgäuer Drogenfahndung, überhaupt, was er tat? War er voll schuldfähig? Wie kam der Polizist an die 1,8 Kilo Kokain, die in seinem Büro gefunden wurden? Um diese und viele weitere Fragen geht es im Prozess vor dem Landgericht Kempten, der zu einem noch unbekannten Termin im Winter beginnt.

    Wie die Staatsanwaltschaft München I gestern mitteilte, werden im Verfahren neun Gutachter und 24 Zeugen befragt. Unter den Sachverständigen befindet sich auch ein Psychiater, der beurteilen soll, ob der hochrangige Polizist voll für seine Taten verantwortlich gemacht werden kann. In der Anklageschrift, die unserer Zeitung vorliegt, ist von jahrelangem, massivem Missbrauch von Drogen, Medikamenten und Alkohol die Rede, ebenso von einem früheren Aufenthalt des Angeklagten in einer psychiatrischen Klinik.

    Ein im Ermittlungsbericht zitierter Experte hält die alkoholbedingten Erinnerungslücken, auf die Armin N. sich berufe, für unglaubwürdig. Doch es ist nicht auszuschließen, dass die Anwälte des 53-jährigen Kripo-Mannes in ihrer Verteidigungsstrategie auf eine verminderte Schuldfähigkeit abzielen könnten.

    Wie berichtet geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Armin N. seine Ehefrau nach einem im Streit geendeten Valentinstags-Abendessen im vergangenen Februar umbringen wollte. Mit einem Kampfanzug bekleidet, setzte er sich laut Anklage auf seine schlafende Frau, würgte sie massiv und bedrohte sie mit einem Küchenmesser, das er beim Bett deponiert hatte. Er schlug sie ins Gesicht und vergewaltigte sie, so der Bericht.

    Nur weil der betrunkene Mann vom Bett gefallen sei, habe sich die Frau ins Erdgeschoss retten und per Telefon Hilfe rufen können. Dass der Kriminalbeamte seiner Frau nicht nachgesetzt sei, werten die Ankläger als "strafbefreienden Rücktritt" vom Vorsatz der Tötung. Die Tat wird deshalb als gefährliche Körperverletzung gewertet - worauf sechs Monate bis zehn Jahre Haft stehen.

    Immer wieder hatte der Kriminalpolizist laut Anklage seine Ehefrau schwer misshandelt. Vier Wochen zuvor war sie auf der Flucht vor seinen Schlägen vom Balkon gefallen und hatte schwere Wirbelverletzungen erlitten. Mit nicht unter drei Jahren Haft wird eine Vergewaltigung geahndet, wenn der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug mit sich führt - wie das große Kochmesser, mit dem Armin N. seine Frau bedroht habe. Nach der Attacke auf seine Frau war der Kommissariatsleiter mit rund 1,5 Promille Alkohol im Blut in seinem Audi davongefahren, so der Bericht.

    Gegenüber den Polizeikollegen, die ihn schließlich stoppten, räumte er ein, dass sich in seinem Büro Kokain befinde, das "bis zur Rente reicht". Gefunden wurden dann 1,8 Kilogramm der Droge. Woher das Rauschgift stammt, ist unklar. Dass Armin N. es zu "Schulungszwecken" besessen hat, wie er angab, hält die Justiz für ausgeschlossen. Unter den geladenen Zeugen befindet sich auch eine Ex-Geliebte des Kommissars - Spuren ihres Erbguts fanden sich an den Drogen. Gegen die Polizistin wird noch ermittelt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden