Von Peter Schwarz Oberstdorf Sie lassen Völkerscharen für sich arbeiten. Und sogar Königinnen sind ihnen untertan. Doch im Oberstdorfer Vereinsleben schwärmen die Bienenzüchter nicht allzu häufig aus. Selbst ihr 100-jähriges Bestehen wollen die Imker eher bescheiden feiern. Kein spektakulärer Jubiläums-Festakt, keine großen Reden, sondern lieber eine bienenfleißige Präsentation von Insektenzucht und Honiggewinn am Sonntag, 4. Juli, im Kolpinghaus. So und nicht anders wollen die 45 Mitglieder unter Führung von Kurt Müller den Jahrtag begehen. Der Wurzelstock, aus dem die Knospen des heutigen Bienenzuchtvereins trieben, ist der gleiche wie beim ebenso 100 Jahre alt gewordenen Verein der Gartenfreunde: Im April 1904 trafen sich 23 Oberstdorfer und hoben den Obstbau- und Bienenzuchtverein aus der Taufe. Zu den allerersten Anschaffungen gehörten ein Wachsschmelzer und eine Wabenpresse. Es waren keine Zeiten des Honigschleckens. Und es dauerte ein Vierteljahrhundert, bis eine gescheite Vermarktungsstrategie für den Oberstdorfer Alpenhonig aus den Waben geschleudert werden konnte. Das Einheitsglas Honig kostete bei den in die Direktvermarktung einbezogenen Läden anfangs der 30er Jahre 2,20 Mark. Dem Erzeuger blieb 1,70 Mark. Die Sticheleien, die in der aufkommenden Nazi-Zeit gegenüber dem Reichsnährstand praktiziert wurden, piesackten selbst die unterste Vereinsebene. Der Stachel saß schließlich so tief, dass 1948 die endgültige Trennung der Obstgärtner und Bienenzüchter unterm Nebelhorn vollzogen wurde, obwohl man spätere Jubiläen durchaus gemeinsam zu feiern wusste.
Die Imkerei-Nachkriegsjahre sind eng mit dem Namen Theodor Käufler verbunden, der bereits 1932 Vorsitzender des Gesamtvereins war. Die Festschrift der Gartenfreunde erinnert sich daran, als Käufler während des Krieges ganz allein einen Bienenstand an der Adlerwand im Oytal aufbaute, die damals einzige Reinzuchtstelle Süddeutschlands. 700 Wabenkästen schleppte der Imker auf seinem Fahrrad ins hochgelegene Seitental. Fast 40 Jahre summte und brummte im Imkerverein nichts ohne Käufler. Aus jener Ära, als die Bienenzüchter zusätzlich den Kunstmaler Willi Bühler mit dem Entwurf eines werbeträchtigen Gütezeichens für ihr bundesweit geschätztes Naturprodukt Oberstdorfer Alpenblütenhonig beauftragten, ist bis heute nur Otmar Schuster senior übrig geblieben. Selbst einige Jahre Vorsitzender und mit 90 Jahren ältester Aktiver, erschien ihm das Hobby stets wie Nektar und Ambrosia. Seit 1995 werden die Bienenzüchter vom Kleinwalsertal aus auf die Bienenweide und zum Imkerhock gelockt. Kurt Müller war so zu sagen der erste Bienenzüchter aus dem Ausland, den man in den deutschen Bienenstock einließ. Mittlerweile sind auch alle anderen Walser Immenfreunde im gemeinsamen Bienenkorb untergeschlüpft. Die Gebieter über rund 500 Bienenvölker leiden allerdings unter Überalterung. Gern würde man Honeymoon mit jungen Interessenten an der Bienenzucht feiern. Möglicherweise weckt der Info-Tag des Bienenzuchtvereins unter dem Motto Imkerei heute am Sonntag, 4. Juli, die Neugierde auf eine Mitgliedschaft. Zwischen 11 und 18 Uhr sind im Kolpinghaus (Obere Bahnhofstraße 4) ausgestellte Imkerei-Geräte zu besichtigen. Es wird vorgeführt, was der Bienenzüchter alles zu tun hat, um zu Honig, Bienenwachs und Met zu kommen. Es gibt Filmvorführungen und eine Bilderschau nebst Prämierung nach einem Malwettbewerb in den Kindergärten. Natürlich wird dem Publikum beim Angebot der zuckersüßen Ware genug Honig ums Maul geschmiert und ein Stück Bienenstich aufgetischt.