Kempten/Oberallgäu (bec). Die Zeiten, in denen Kunden in der Apotheke lediglich ein Rezept einlösten, sind laut Apothekersprecher Ludwig Pfefferle aus Waltenhofen lange vorbei. Denn Blutdruckmessen, Aktionstage zu Cholesterin oder Venenleiden, allerlei gesundes Randsortiment oder ausführliche Beratungen genauso wie Medikamenten-Lieferungen frei Haus gehören vielerorts längst zum Standart. 'Mit der Reform wird dieser Standard aber nicht mehr flächendeckend geboten werden können', meint Pfefferle und nennt als Grund die bereits erwähnten 500 Millionen Euro Einsparungen, die die Regierung von den Apothekern fordert.
'Dass man durch Verhandlungen mit den Medikamentenherstellern Rabatte zu Gunsten der Krankenkassen erwirkt, ist ja grundsätzlich nicht schlecht', betont Pfefferle. Das dürften die Apotheker jedoch gar nicht. Und da man die Industrie nunmal nicht dazu zwingen könne, ihre Preise zu senken, müssten die Apotheker die fehlenden Beträge aus eigener Tasche berappen. Für viele kleinere Apotheken sei das jedoch finanziell nicht möglich. Müssten sie schließen, bedeute das für die Patienten - gerade ältere Menschen ohne Auto - eine schlechtere Versorgung.
'Auch wir Apotheker müssen bereit sein, in den Wettbewerb einzutreten', befindet Michael Bentz, der vor wenigen Wochen im neuen 'Ärztehaus am Ring' seine Apotheke eröffnet hat: 'Die jetzige Planung jedoch ist existenzbedrohend.' Für die deutschen Apotheker sei es zwar wichtig, europaweit konkurrenzfähig zu werden. Wenn ihre Einnahmemöglichkeiten aber ständig beschnitten würden, sei das langfristig nicht möglich. 'Am härtesten', befindet Bentz, 'trifft es uns junge Apotheker.' Die einzige Sicherheit die sie hätten, sei die Tatsache, dass sich ständig alles ändert. 'Da muss man', so Bentz, 'flexibel sein.' Fraglich sei aber, ob das überhaupt noch möglich sei und die Apotheker dann noch irgendwie reagieren könnten.
'Der falsche Weg'
Um seinen eigenen Betrieb macht sich Franz Paeßens, Chef der Apotheke im Lyzeum, keine Sorgen: 'Wenn kleine Apotheken in den Randgebieten schließen, sind wir die Nutznießer.'
Freude darüber will bei ihm aber nicht aufkommen, schließlich arbeite jeder seiner Kollegen vor allem für das Wohl seiner Kunden. 'Diese Reform', sagt Paeßens, 'ist nicht ausgegoren.' Er könne es zwar verstehen, dass die Regierung sparen will und muss. Aber auch er ist der Meinung, dass diese Form der falsche Weg sei. 'Wir haben ein System, das nur den Schaden aber nicht seine Vermeidung belohnt', erklärt er und nennt ein Beispiel: 'Müssten diejenigen, die nachweislich Krankheiten wegen eines ungesunden Lebenswandels haben, mehr zahlen als andere, wäre das Geld im Nu eingespart.'