Die Dividende ist ein Stück Kuchen. Als miserabel kann die Stimmung bei der Hauptversammlung der Aktienbrauerei dennoch nicht bezeichnet werden. Ein Senior hat den Spaziergang hoch zum Afraberg gerne auf sich genommen. 'Ich trinke täglich Aktienbier', bekennt er. Seine Gattin lobt das Ambiente: 'Die Zeppelinhalle ist immer einen Besuch wert.' Lediglich 70 Kleinanleger sind heute gekommen, um ihren Aufgaben als Miteigentümer nachzukommen. Angesichts der Übermacht der Mehrheitsaktionäre gibt es aber keine Überraschungen: Vorstand und Aufsichtsrat werden mit 100 Prozent Zustimmung entlastet. Brauereichef Werner Sill freut sich: 'Das ist etwas Besonderes.'
So gewinnen auch Kleinigkeiten an Bedeutung angesichts des darbenden deutschen Biermarktes, der Absatzprobleme im Allgemeinen und Bilanzprobleme des Unternehmens im Speziellen. Weiterhin weist das Haus Verluste aus. Dem stehen allerdings auch Investitionen, etwa in eine zweite Fotovoltaikanlage, die Modernisierung der Steuerung im Sudhaus, das EDV-gestützte Flottenmanagement und eine Abfüllanlage für ein neues Verpackungssystem gegenüber. Nach dem Liquiditätsengpass im vergangenen Jahr und der jüngsten Kapitalerhöhung, die wie geplant Geld der Großaktionäre ins Unternehmen spülte, habe sich die finanzielle Situation wieder entspannt, so Sill. 'Der Sanierungskurs wird fortgesetzt.' Die Belegschaft sei weiter sozialverträglich reduziert worden. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen sieht der Vorstand die Brauerei auf einem guten Weg.
'Die Aktienbrauerei wird ihrer Preispolitik, dem Qualitäts- und Markenbewusstsein treu bleiben', sagt er.
Für ihre Anstrengungen erhalten die Unternehmensführung und das finanzielle Engagement der Brüder Stritzl als Großaktionäre auch ohne Ausschüttung Lob – in einer Form, an die sich auch die ältesten Aktionäre nicht erinnern können: 'Sill verdient weniger als sein Vorgänger, eine Steigerung müsste drin sein', sagt ein Besucher. Dem stünde der Sanierungskurs entgegen, antwortet der Brauereichef. 'Ich kann nicht Personal reduzieren und 150 000 Euro im Jahr verlangen, was einem Vorstand eigentlich zustünde.
'Ein anderer Anteilseigner möchte eine Diskussion anstoßen zur Statistenrolle der Kleinaktionäre, 'die nix zu sagen haben'. Er betrachte den 'Substanzverlust' der Gesellschaft in den vergangenen Jahren mit Sorge. 'Es ist zu überlegen, ob man die Brauerei nicht auflöst.' Was konkret er damit für das mehr als sieben Jahrhunderte alte Unternehmen meint, sagt er nicht. 'Ich bin der festen Überzeugung, dass die Stritzls weit von einer Auflösung entfernt sind', entgegnet Brauereichef Sill.
Möglicherweise hat der Aktionär aber auch die Unternehmensform der Aktiengesellschaft oder deren Börsennotierung im Blick. Denn die steigenden Stimmanteile von Dr. Peter Ralf und Hans-Theodor Stritzl sorgen längst für Diskussionen unter den Kleinaktionären. Den Stritzls fehlen dem Vernehmen nach noch wenige Anteilsscheine, um ihr Aktienpaket auf über 95 Prozent des Gesamtkapitals aufzustocken und ein sogenanntes 'Squeeze out' (Hinausdrücken) einzuleiten, bei dem die restlichen Anteilseigner mittels Abfindungsangebot verabschiedet werden. Dieses Szenario freilich ist heute offiziell kein Thema in der Zeppelinhalle. Eine ordentliche Hauptversammlung gibt es in jedem Fall noch. Dr.Ralf Peter Stritzl, der das Aktionärstreffen als Aufsichtsratsvorsitzender leitet, gibt sogar schon den Termin bekannt, bevor das Kuchenbuffet eröffnet wird: 'Voraussichtlich der 23. Mai 2013.'