Landestheater Schwaben zeigt eine zart-gewaltige 'Lilith' Von Dieter Peinecke Lindenber. Nach 'normalem' Theater sah der Bühnenaufbau des Landestheaters im Pausenhof des Lindenberger Gymnasiums nicht aus. Eine große Bühne ganz in grau/schwarz, Scheinwerfertraversen voller Spots und Lautsprechertürme, sowie ein Mischpult wie bei einem großen Open-Air, ließen erahnen, dass etwas Außergewöhnliches geboten wird. Das gab es auch, mit der Rockoper 'Lilith' des Landestheaters Schwaben. Die klassisch auskomponierte Rockmusik des New Yorker Komponisten David De Feis gepaart mit Walter Weyers hamletmaschinenartigen Wortfetzen in den Dialogen, bildete zusammen mit den Darstellern eine perfekte Symbiose aus Rockmusik, Tanz und Wortspiel. Die Hintergrundgeschichte von 'Lilith' ergab sich aus einem antiken, sumerischen Text. Der jüdischen Legende folgend ist Lilith die erste Frau Adams, wie Adam selbst aus Lehm geschaffen. Doch Lilith zeigt sich unkontrollierbar und Gott fürchtet sie. Deswegen erschafft Gott für Adam Eva - die unterwürfige Ehefrau. Der Geschlechterkampf ist entbrannt, Eifersucht und Intrigen betreten die Oberfläche der Welt. Gott ist verwirrt - der Zuseher auch. Der Garten Eden ist eine vulkanische Hölle. Die Urmenschen sind grau, mit zerfetzter Haut und werden inmitten der entstehenden Welt von Gefühlen, die sie noch nicht kennen, übermannt. So zeigt uns Weyers das angebliche Paradies. 'Dreck sagen Sie sei Lilith..
.', so begann Josephine Weyers als Lilith bewegend ihren Monolog, gefolgt von 'Adorned with the rising Cobra' dem musikalischen Einstieg. Dieser ließ einen trotz hochsommerlicher Temperaturen frösteln. Sofort wird klar, Multiinstrumentalist De Feis Musik ist kein dumpfer, stumpfsinniger Hard-Rock, sondern er hat die Grenzen des Genres weit gesprengt. Er benutzt natürlich die Stilmittel des Heavy-Metalls: Doppel-Bassdrum-Salven, Tiefbassorgien und ganze Wände aus Gitarren-/Keyboardstimmen. Das Ganze fügt er aber wohl dosiert zu einem fast klassisch anmutendem Werk zusammen. Kompositionen die im Zusammenspiel mit den Szenen sowohl aggressiv und in den ruhigen Balladen fast zärtlich wirken. Konserve statt Livemusik Leider war dem Landestheater Schwaben der Aufwand für eine Live Band aber zu groß. Diese Stücke mit der Kraft einer Band gespielt zu hören, wäre ein Erlebnis. Aber auch nur als Musikkonserve und dem Livegesang der Darsteller war die Wirkung gewaltig. Die Leistungen der Darsteller waren enorm. Josephine Weyers beeindruckte als Lilith mit kreischend harter, aber auch zärtlicher Stimme. Patrick Stamme zeigte sich ausdrucksstark als Adam und Samuel. Eva Rhodekirchen spielte die verletzliche Eva mit viel Volumen und Tiefe im Gesang und Piet Modebeck begeisterte als verletzlicher Gott. Zusammen mit Lissie Poetter und Jochen Ganser als Gesandte, boten sie in 'Visons of Eden' auch eindrucksvolle Chorpassagen. Mit lang anhaltendem Applaus belohnte das Publikum die außergewöhnlichen Leistungen des Memminger Ensembles, das mit dieser mutigen Inszenierung Lust auf mehr machte. Aufgrund des Erfolges von 'Lilith' nimmt das LTS die Rockoper um den Jahreswechsel noch einmal in den Spielplan auf.