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Kitsch, Raritäten, Erinnerungen

Memmingen

Kitsch, Raritäten, Erinnerungen

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    Kitsch, Raritäten, Erinnerungen
    Kitsch, Raritäten, Erinnerungen Foto: eva maria hÄfele

    Zuerst leises Knacken - dann finden die Klänge ihren Weg durch das auf Hochglanz polierte Metall des Trichters. Fasziniert bleiben Besucher am Stand von Peter Müller stehen, betrachten das Grammofon aus den 1930er Jahren, das das Lied der "Fischerin vom Bodensee" ertönen lässt.

    Ausrangiertes, Betagtes und so manche Rarität haben am Samstag noch einmal einen großen Auftritt. Rund 100 Verkäufer aus ganz Deutschland haben laut Stadtrat und Initiator Thomas Kästle beim 1. Memminger Altstadt-Trödelmarkt ihre Stände in den Straßen nahe der Frauenkirche und im Reichshain aufgestellt. Was dort zu sehen ist, hat oft eine ganz eigene Geschichte. So wie der bunt bemalte Nussknacker, den Erna Schreier anbietet: "Meine Tochter hat ihn als Kind zu Weihnachten bekommen - jetzt ist sie 38 Jahre alt", sagt die 72-Jährige.

    Fuchs mit Bergsteigerstiefeln

    Nachdem die Tochter ausgezogen war, siedelte der Nussknacker auf den Dachboden um. Nun soll er ein neues Zuhause bekommen. Ob dies bei manch anderem Angebot zwischen Kitsch und Kuriosität gelingt, ist fraglich: So erscheint es etwa zweifelhaft, dass der ausgestopfte Fuchs mit Bergsteigerstiefeln und Gewehr einen Liebhaber findet. Am Stand von Peter Müller herrscht Nostalgie. Der 62-Jährige sammelt alte Musikinstrumente, nautische Geräte und vor allem: Grammofone. Fünf Exemplare stehen bei ihm zu Hause - "die Stereoanlage hat ausgedient", sagt er und lacht.

    Im Internet "fehlt das Flair"

    Laut Initiator Kästle hat der Trödelmarkt über 5000 Besucher angelockt. Eine von ihnen ist Gertrud Gensch. Sie hat sich für eine kunstvoll gearbeitete Lupe entschieden. Die 83-jährige Memmingerin genießt den Bummel mit ihrer Tochter: "Man denkt an viele Sachen, die man früher gehabt hat und schwelgt ein bisschen in Erinnerungen." Wie für Müller liegt für sie der Reiz darin, mit anderen ins Gespräch zu kommen. Der Mann aus Weingarten würde seine Sachen daher nie im Internet verkaufen: "Da fehlt das Flair."

    Das bestätigen Wolfgang und Irene Müller aus Altenstadt. Die 40-Jährige betont: "Das Spannende ist ja gerade, das man nicht weiß, was einen an den Ständen erwartet.

    " Derweil betrachtet Cornelia Wassermann am Stand von Warus Wieslaw die vielen Bücher, Münzen und Militärabzeichen. Der gebürtige Pole, seit 25 Jahren in Deutschland, sammelt "Fotos, Ansichtskarten und Volkskunst" aus seiner Heimatregion südlich von Krakau: "Wenn ich hier 100 Euro Umsatz mache, gebe ichs um die Ecke bei einem anderen Stand aus." Cornelia Wassermann liebt es, "alte Spielsachen zu entdecken, mit denen man früher selbst mal gespielt hat". So warten etwa betagte Teddys am Stand von Theresia Pölt aus Kaufbeuren auf neue Spielgefährten. Liebevoll hat Pölt sie auf ein Sofa drapiert. "Mir blutet das Herz", sagt sie, "aber ich muss mich trennen". Schließlich bevölkern 180 weitere Exemplare ihr Zuhause.

    Volles Haus herrscht auch in der Kempter Straße: Dort lädt - nur für diesen Tag - das Trödelmarkt-Café in der früheren Porzellanhandlung Schwarz zum Ausruhen ein, ehe die Besucher sich wieder ins Getümmel stürzen. (ver)

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