Seika Mikrosystemtechnik vor zehn Jahren gegründet Kempten (elm). Vor zehn Jahren gründeten die beiden gebürtigen Sachsen Dr. Gerit Kampfrath und Dr. Hans-Hermann Seidel in Kempten ihre Firma Seika Mikrosystemtechnik Gmb H. Heute beschäftigt das auf Neigungsmesstechnik spezialisierte Unternehmen acht Mitarbeiter. Und Sensoren aus Kempten sind von Auswuchtmaschinen in Autowerkstätten bis zu Rampen für amerikanische Weltraumraketen, von der im Grenztunnel bei Füssen eingesetzten Bohrmaschine bis zum U-Bahn-Bau in Madrid weltweit im Einsatz.
Reiner Zufall hatte Kampfrath und Seidel nach Kempten gebracht: Der promovierte Ingenieur Seidel hatte 1987 illegal die DDR verlassen und war dann zunächst in Kaiserslautern wie vorher in Chemnitz als Assistent an der Universität tätig gewesen. Dann warb ihn eine Kemptener Firma ab, die allerdings später in Konkurs ging. 1989 war der gelernte Chemiker Kampfrath über Ungarn gekommen den Kontakt hatten beide nie verloren, und so gründeten sie 1990 die Firma Seika Mikrosystemtechnik Gmb H.
'Wir waren ja praktisch arbeitslos', sagt Seidel. Eine eigene Firma gründen daran gedacht hatten beide lange vor der Wende: 'Möglich war\'s ja nicht in der DDR', sagt Kampfrath: 'Aber träumen konnte man ja davon.' Heute, zehn Jahre später, geben die Unternehmensgründer weiteren sechs Mitarbeitern Lohn und Brot, dazu kommen in der Regel vier Studenten. Inzwischen macht man mehrere Millionen Mark Umsatz, in einer Branche mit hoher Wertschöpfung und starkem Wachstum.
Im Allgäu gelandet zu sein, war Zufall erwies sich aber als Glücksgriff: 'Wir brauchen viele mechanische Teile', erklärt Seidel in entsprechender Präzision. In der Allgäuer Metall- und Elektroindustrie sei die Kompetenz sehr hoch. So bezieht Seika Bauteile von verschiedensten Firmen zwischen Illertissen und Pfronten. Gebaut werden die Sensoren von Seika selbst, teilweise auch das 'Drumherum'. Die Stückzahlen sind nicht groß: die Seriengrößen gehen bis 10 000 Stück, oft sind sie kleiner. 'Wir machen zur Zeit den kleinsten Neigungssensor mit dem größten Messbereich, sagt Seidel: Um Winkelsekunden also 3600stel Grad genau messen die Sensoren gegebenenfalls um den Vollkreis. Eine Neigung von einem Mikrometer auf einen Kilometer Länge kein Problem, sagt Seidel.
Die Anwendungsgebiete dieser 'elektronischen Wasserwaagen' sind vielfältig: Schiffe, besonders große, müssen verbrauchsoptimiert gefahren werden da spielt die Neigung ebenso eine Rolle wie beim Baukran, bei der Eisenbahn, bei Fahrstühlen, Gebäudemesstechnik bis zu Baumaßnahmen: In Madrid wird derzeit an der U-Bahn gebaut. Mit Seika-Sensoren mißt man dabei, ob eine nahe Kathedrale dadurch in Bewegung gerät. Ähnlich feine Messungen braucht man in der Wasserwirtschaft beispielsweise um Materialermüdung in Wehren oder Staudämmen frühzeitig zu erkennen.
Seika-Sensoren stecken in Fluggastbrücken, durch die man vom Terminal ins Flugzeug läuft, ebenso wie in Auswuchtmaschinen für Autoreifen oder in Milch-Tankwagen, die Milch direkt am Bauernhof abholen und dort wiegen: Weil der Boden am Hof meistens schief ist, misst und korrigiert Meßtechnik die dadurch erzeugte Fehlmessung. Anwendungen gibt es auch in der Sicherheitstechnik. Fehlalarme, weiß Kampfrath, sind da das größte Problem: Selektive Sensoren erkennen inzwischen, ob jemand nur gegen den Zaun tritt oder ob er ihn durchschneidet.