Von Vitalis Held, Biessenhofen Martin Roth weiß, wie man Bakterien auf die Schliche kommt. Der Lebensmittelchemiker und seine Mitarbeiter im Labor des Nestlé-Werks in Biessenhofen versuchen ständig, Krankheitserreger aufzuspüren. Doch ihr Ziel ist, dass die schädlichen Winzlinge in der Fabrik keine Chance haben. Dann haben nämlich die Vorsichtsmaßnahmen gegriffen. Und davon gelten in Biessenhofen besonders viele. Denn als Produzent von Nahrung für Säuglinge versorgt Nestlé höchst sensible Kunden. Pannen darf man sich nicht leisten. Den hohen Stellenwert der Qualitätskontrolle zeigt schon der Personalstand der Abteilung: Von 590 Beschäftigten im Werk schaffen rund 50 an Labortischen und Analysegeräten. Fachpersonal ist rund um die Uhr im Einsatz, um Rohstoffe, Vorprodukte und die fertige Ware zu prüfen. Der Chef der Qualitätssicherung berichtet direkt an den Werksleiter und ist unabhängig von der Produktion. Das, so Roth, sei zum einen Nestlé-Philosophie, zum anderen Voraussetzung für die Akkreditierung des Labors nach internationalen Normen. Das wiederum garantiert, dass das Biessenhofener Labor die gleichen Vorgaben erfüllt wie die Labors der amtlichen Lebensmittelüberwachung. Die Analysemöglichkeiten in Biessenhofen ermöglichen umfangreiche Untersuchungen auf neuestem technischen Stand. Dies ist vor allem für hypoallergener Alete-Säuglingsmilch nötig (H. A.), so Roth. Wichtig ist es hier nicht nur den Gehalt an Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen zu prüfen, sondern auch die Spaltung der Eiweiße, da diese Auslöser von Energien sind. Durch die Spaltung beugt man den Allergien vor. Bei der fertig abgefüllten Spezialnahrung steht dann die Prüfung auf Keime an erster Stelle. Erst wenn alle Analysen im Sollbereich liegen, wird der rote Sperrvermerk entfernt und die Ware ausgeliefert. Je nach Sensibilität eines Produktes sind dann bis zu 80 Einzelanalysen durchgeführt. So lange wie die Liste der Tests ist dabei auch die Liste der Länder in die Säuglingsmilch aus Biessenhofen exportiert wird. Biessenhofen ist dafür einer von weltweit zwei Nestlé-Produktionsstätten. Auch bei anderen Nestlé-Produkten achtet Roths Abteilung auf die Lebensmittelsicherheit. Das gilt vor allem für die weiteren Standbeine des Biessenhofener Werks: Thomy-Saucen und Nescafé Xpress in PET-Flaschen. 'Wir planen die Qualität vorab und suchen nicht erst im fertigen Produkt nach irgendwelchen Mängeln', erklärt Roth eine zentrale Aufgabe der Qualitätssicherung. Daher wird produktionsbegleitend immer wieder kontrolliert. Vor der Abfüllung muss alles stimmen. Denn danach kann nicht mehr korrigierend eingegriffen werden. Je weiter der Produktionsprozess fortgeschritten ist, um so teurer werden Mängel, erklärt Roth.
Muster bei Tropenklima Doch auch, wenn die Ware für den Verkauf freigegeben ist, endet die Verantwortung der Qualitätssicherung noch nicht. Von jeder Charge lagern Rückstellmuster. Gibt es einmal Reklamationen, kann Roth umgehend eine firmeninterne Überprüfung vornehmen. Gleichzeitig wird mit diesen Mustern die Haltbarkeit nachgewiesen - auch unter hohen Temperaturen, wie sie in den Tropen herrschen. Die internen Labortests werden stichprobenartig auch vom Staat überwacht. Das Biessenhofener Werkslabor ist zudem eines der Zentren bei Nestlé, die Rohstoffe wie Mais und Soja auf gentechnische Veränderungen mittels modernster molekularbiologischer Methoden untersuchen. Denn die Kunden in Europa lehnen großteils solche Zutaten ab, vor allem in der Babynahrung, weiß man im Konzern. Von den Lieferanten werden zwar Untersuchungen veranlasst und durch Zertifikate nachgewiesen, aber zur Sicherheit wird jeder infrage kommende Rohstoff noch einmal untersucht. Sollte Roth fündig werden, geht die Ware umgehend zurück. 'Mit all diesen Qualitätssicherungsmaßnahmen gewährleisten wir, dass die Ware das Werk ordnungsgemäß verlässt', versichert Roth. Danach liege es am Handel und letztlich an den Verbrauchern, dass dort ebenso sorgfältig und hygienisch einwandfrei mit den Produkten umgegangen wird. 'Wichtige Qualitätsmanager sind deshalb auch die Eltern und Betreuer', sagt Roth. Denn wenn ein Baby-Fläschchen auf der Wickelkommode verunreinigt wird und dann im Wärmer stehe, könne auch aus dem besten Produkt eine Gefahrenquelle entstehen. Doch das entzieht sich dem Einfluss des Herstellers.