Von Markus Brändle Memmingen Dürfen Kinder unter zehn Jahren künftig beim Fischertag nicht mehr in den Bach? Und müssen die Kübel, in denen die Forellen beim Ausfischen des Stadtbachs untergebracht werden, in Zukunft größer sein? Die Verantwortlichen des wichtigsten Memminger Heimatfestes machen sich derzeit ernsthaft Gedanken über Änderungen im Ablauf des traditionellen Geschehens. Grund sind - wie berichtet - Proteste von 'Animal 2000'. Die Tierschutzorganisation moniert 'ganz klare Verstöße gegen das Fischereigesetz'.
Im Guten, so betont Simone Plank, die 'Animal 2000' anwaltlich vertritt, wolle man Mängel beseitigen. Man sei beim Fischertagsverein auf eine erfreuliche Gesprächsbereitschaft gestoßen und hoffe auf einvernehmliche Lösungen. An einem möglichst guten Einvernehmen ist auch Dieter Zinth, der Vorsitzende des Memminger Fischertagsvereins, gelegen. Man habe der Tierschutzseite durchaus auch Veränderungsbereitschaft signalisiert. Zuletzt hatten sich Anfang dieser Woche die Delegierten der 1200 Mann zählenden Stadtbachfischer - einer Abteilung des Fischertagsvereins - mit der heiklen Materie befasst. Und sie sind zu dem Schluss gekommen, dass man auf die juristisch untermauerten Vorwürfe in geeigneter Form reagieren müsse.
Zitat
Jeder Fischer weiß, wie er mit den Fischen umzugehen hat. }
Dieter Zinth, Vorsitzender des Fischertagsvereins Memmingen
Diese Vorwürfe nehmen grundsätzlich Bezug auf das neue Tierschutzgesetz, in dem festgelegt ist, dass Tiere keine Sachen mehr sind, sondern als Lebewesen behandelt werden müssen.
Die üblicherweise beim Fischertag verwendeten Eimer - laut Zinth fassen sie 13,5 Liter Wasser - sind laut 'Animal 2000' zu klein. Eine Durchschnittsforelle mit einem Gewicht von 750 Gramm, so zitiert die Tierschutzseite das Bayerische Fischereigesetz, brauche mindestens 20 Liter Wasser. Des weiteren dürfen nach Ansicht der Tierschützer Kinder unter zehn Jahren wohl in den Bach jucken, aber nicht aktiv fischen. Nicht von ungefähr erlaube der Gesetzgeber erst ab Zehnjährigen, den Staatlichen Fischereischein zu machen. Auch müssten - so die Forderung von 'Animal 2000' - mehr als zwei Tötungsstellen für die Fische vorgesehen werden. Am besten, so betont 'Animal'-Anwältin Plank, würde man die Fische überhaupt nicht hältern, sondern über mobile Schlachtstationen sofort töten. Oft genug, so wollen sich die Tierschützer an Ort und Stelle überzeugt haben, verendeten die Tiere in den Kübeln qualvoll.
Zinth, der selber 1957, als damals Fünfjähriger, in Begleitung seines Vaters erstmals im Bach war, schmerzt vor allem die Forderung nach einem Verbot des Stadtbachfischens für Kinder: 'Einem Vereinsvorsitzenden blutet das Herz, wenn er einem Vater sagen muss, dass sein Sohn, der bereits zwei oder drei Mal im Bach war, nicht mehr fischen darf.' Ob es allerdings so weit kommt, dass sich 'Animal' hier mit der Forderung nach einemVerbot durchsetzt, steht dahin: Bereits in der Satzung des Fischertagsvereins ist nämlich ausdrücklich vermerkt, dass die Kinder nicht selbstständig fischen, sondern nur in erwachsener Begleitung tätig sein dürfen. Was für Zinth ein Heranführen des Nachwuchses an Tradition ist, hält Animal für schlicht nicht vereinbar mit dem Fischereigesetz.
Fischerkarte sichtbar an der Brust
Zwei Konsequenzen wollen die Fischertags-Verantwortlichen aus den Animal-Forderungen ziehen: Die Bachaufsicht soll verstärkt und die Fischerkarte soll, zur besseren Kontrolle, in Zukunft sichtbar nur noch an der Brust und nicht am Hut getragen werden.
Über zu wenig Unterstützung für seine Anliegen wird sich der Fischertagsverein in naher Zukunft voraussichtlich nicht beklagen müssen: Im Rahmen einer Vorstandssitzung in der vergangenen Woche haben laut Zinth sowohl Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger als auch Rechtsdirektor Volker Kraus Unterstützung von seiten der Stadt signalisiert. Zudem sind Briefe an Landwirtschaftsminister Josef Miller, der immerhin für das bayerische Fischereiwesen zuständig ist, sowie an MdL Herbert Müller unterwegs.
Als Reaktion auf einen weiteren Brief der Anwältin von 'Animal 2000', der gestern bei der Geschäftsstelle des Fischertagsvereins einging, will Vereinschef Zinth die Gesprächspartnerin der anderen Seite, Simone Plank, zum nächsten Fischertag einladen