Marktoberdorf/Ostallgäu(wu). - 'Rauschtrinken' - dieses im kürzlich vorgestellten 'Jahrbuch Sucht' bundesweit beklagte Phänomen ist auch bei Ostallgäuer Jugendlichen zu beobachten. Gerade jetzt im Fasching drohen daher bei diversen Veranstaltungen wieder Trinkexzesse. Landratsamt und Marktoberdorfer Polizei werden deswegen an den 'närrischen Tagen' vermehrt im Einsatz sein, um dem Missbrauch von Alkohol entgegenzuwirken. Ursachen für das 'Kampftrinken' sieht Wolfgang Hawel von der Abteilung Gesundheit im Landratsamt in einem Hang unserer Gesellschaft zu exzessiven Verhaltensweisen. Als Beispiel nennt er Extremsportarten wie etwa Bungee-Springen. Die Suche nach 'Grenzerfahrungen' spiele dabei eine große Rolle, so Hawel. Grenzerfahrungen, die manche Jugendliche auch mit Alkohol suchen würden. Das Phänomen 'Rauschtrinken' hat der Sozialpädagoge auch im Landkreis Ostallgäu ausgemacht: 'Wir stellen keine Zunahme in der Breite fest, aber die, die es machen, machen es extremer.' Der stark gesundheitsgefährdenden Wirkung und der Gefahr alkoholsüchtig zu werden, seien sich viele Jugendliche gar nicht bewusst. Einige Veranstalter würden die Jugendlichen gleichsam zum exzessiven Trinken einladen, erklärt Hawel. So wurde zum Beispiel bei einer Party in einer Ostallgäuer Sportgaststätte mit preiswertem 'Meter-Trinken' geworben. Kein Einzelfall. Hawel berichtet ferner von einer Veranstaltung, bei der sich rund 100 Jugendliche im 'Vollrausch' befunden hätten. 'Wenn irgendwo so etwas los ist, ruft man sich mit dem Handy zusammen. Genug Geld haben die Jugendlichen ja', so Hawel.
Schwierige Kontrollen Zudem gebe es bei solchen Festen nur eine lockere Überwachung. In Lokalen sei es für das Jugendamt einfach, Kontrollen durchzuführen, nicht aber bei Veranstaltungen auf der freien Wiese. Deswegen appelliert er an die Organisatoren, besser aufzupassen - vor allem bei der Alkoholabgabe. 'Wenn exzessives Trinken propagiert wird, schreiten wir ein', sagt Ralf Kinkel von der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt. Im vergangenen Jahr mussten er und seine Kollegen in zwei Fällen tätig werden. Allerdings könne die Behörde nur Stichproben durchführen: 'Wir sind vor allem bei kurzfristig angesetzten Veranstaltungen auf die Mithilfe der Städte und Gemeinden angewiesen.'
Umdenken einleiten Die Überwachung des Alkoholausschankes übernimmt laut Ralf Kinkel die Polizei. Schnaps und schnapshaltige Getränke dürften nur an Erwachsene ausgegeben werden. Mindestens 16 Jahre alt müsse sein, wer Bier, Wein und ähnliches konsumiert. Diese Regeln gelten auch den Verkauf in Geschäften und an Tankstellen, so die Polizei. Doch Kontrolle ist nicht alles. Wolfgang Hawel nimmt auch die Jugendlichen und Erwachsenen in die Pflicht: 'Die Gruppe, die auf so ein Fest geht, trägt Verantwortung.' Denn wenn man den Freund nach jeder Party total betrunken vor die Haustüre bringen muss, sollte eigentlich ein Umdenken stattfinden, glaubt Hawel. Ein Umdenken einleiten will auch das Bundesgesundheitsministerium in Berlin. Wie die Staatssekretärin Marion Caspers-Merk in der vergangenen Woche erklärte, soll noch in diesem Jahr ein Projekt gestartet werden, das sich speziell mit dem exzessiven Trinken von Jugendlichen befasst und entsprechende Hilfsangebote entwickeln werde.