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Kalte Ästhetik statt Pomp

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Kalte Ästhetik statt Pomp

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    Kalte Ästhetik statt Pomp
    Kalte Ästhetik statt Pomp Foto: forster

    Von Sabrina Müller|Lindenberg/NürnbergMit Friedrich Schillers 'Don Karlos' bringt das Landestheater Schwaben ein Paradestück der Sturm- und Drangzeit (18. Jahrhundert) auf die Bühne im 'Löwen'-Saal in Lindenberg. Im Interview spricht der 45-jährige Regisseur Frank Benhke über Schiller als jungen Revolutionär, Klassiker, dramaturgische Umsetzung und Pathos.

    Was ist für Sie als Regisseur das Besondere an Schillers Stück 'Don Karlos'?

    Frank Behnke: Das Stück ist ein wahnsinnig leidenschaftlicher Bühnenkrimi und sehr vielschichtig. Es handelt von Freiheitsdrang, ist gleichzeitig aber auch Liebes- und Freundschaftsdrama. Das Spannende ist, dass Schiller ganz, ganz jung war, als er das Stück geschrieben hat. Man spürt das wilde Temperament eines jungen, revolutionären Menschen. Gleichzeitig scheint bereits die große Form der Klassik darin auf.

    Wie wird ein Stück für das Publikum zugänglich, das vor mehr als 200 Jahren geschrieben wurde?

    Behnke: An Klassikern sind die Leute per se interessiert. Sie kennen die Werke - vielleicht noch aus der Schule. Autoren wie Schiller werden dauernd gespielt und der Grund dafür ist einfach: Der Kern dieser Stücke ist bis heute unheimlich interessant, es sind zum Teil wunderbare Meisterwerke. Schwierig ist es nur, wenn sich die Zuschauer nicht von vorgeprägten Sichtweisen lösen können und genau den 'Don Karlos' sehen wollen, den sie von irgendwo schon kennen. Doch jede Inszenierung ist neu und anders, Theater verlangt Offenheit und Neugierde.

    Wie haben Sie konkret versucht, 'Don Karlos' umzusetzen?

    Behnke: Wir spielen das Stück in einer stark eingekürzten Fassung. 60 Prozent Text sind gestrichen. Ohne diese Kürzung würde die Vorführung rund fünf Stunden dauern. Jetzt sind es noch zweieinhalb. Die Konzentration liegt auf den Grundkonflikten: der Beziehung zwischen Vater und Sohn, Freundschaft, Freiheit und Liebe. Schiller hat kein Historiendrama geschrieben, sondern am Beispiel der Geschichte von Don Karlos eine ungeheuer brisante Auseinandersetzung mit seiner eigenen Zeit vorgelegt. Es ist die Aufgabe des Theaters, den alten Text auf seine Heutigkeit hin zu befragen. Die Inszenierung zeigt keine historischen Bilder, sondern spielt mit Assoziationen, die den absolutistischen Staat von Philipp II. aus dem 16. Jahrhundert als ein kaltes, bürokratisches und letztlich unmenschliches System zeigen. Dazu dient eine kalte und klare Ästhetik - Bürostühle und Aktenorder anstatt Thron und Pomp.

    Wo sehen Sie die schauspielerische Herausforderung bei dem Stück?

    Behnke: Schiller ist bekannt für sein Pathos. Die Herausforderung bei 'Don Karlos' ist sicherlich die Sprache, die zudem in Versen verpackt ist. Die Schwierigkeit ist, den Text an sich heranzuholen. Nichts ist so schlimm wie hohlklingendes Pathos. Die Verse müssen emotional gefüllt sein und die Schauspieler müssen jede Sekunde wissen, über was sie sprechen. Den Schauspielern aus Memmingen gelingt das sehr gut, so dass sich die Texte gar nicht alt anhören.

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