Karl-Heinz Riedle, der einzige Allgäuer Fußball-Weltmeister, ist davon überzeugt, dass Deutschland bei der Fußball-WM in Südafrika am Sonntag auch die Hürde England nehmen wird. "Es wird verdammt knapp, aber wir siegen", verriet der 44-Jährige im Interview mit unserer Zeitung. Weltmeister wird seiner Meinung nach Brasilien.
Herr Riedle, Deutschland gegen England - da haben Sie persönlich doch gute Erinnerungen, oder?
Karl-Heinz Riedle: Ja, sehr gute sogar. 1990 haben wir bei der WM in Italien das Halbfinale gegen England gewonnen. Ich war dritter Schütze beim Elfmeterschießen - und hab getroffen. Später sind wir dann Weltmeister geworden. Und gut ein Jahr später hab ich im Wembley-Stadion das entscheidende 1:0 geköpft. Ja, gegen England lief es für uns eigentlich immer sehr ordentlich.
Haben Sie eine Vorahnung, wie die Partie am Sonntag laufen könnte. Und wie ist Ihr Tipp?
Riedle: Der Druck ist weg von der deutschen Mannschaft. Im Ghana-Spiel war die mentale Belastung schon riesig. Jetzt sind sie wieder schön locker und frei. Jetzt muss man hoffen, dass Schweinsteiger wieder dabei ist - und dann klappt das schon. Ich tippe auf einen Sieg, aber ein sehr knapper.
Wird es wieder ein Elfmeterschießen geben?
Riedle: Ich glaube eher nicht. Aber wenn es wieder soweit kommt, gewinnen wir sicher (lacht). Die Engländer haben vom Elfmeterpunkt noch nie was gegen uns gerissen. Die haben da einen Komplex. Wir haben zwar auch keine sonderlich sicheren Elfmeterschützen, aber besser als die Engländer sind sie allemal.
Wenn Sie Bundestrainer wären: Würden sie das deutsche Team umstellen?
Riedle: Ich würde so wenig wie möglich ändern. Vielleicht wäre Dennis Aogo auf der linken Verteidigerseite eine Alternative. Vorn ist Klose hoffentlich wieder dabei. Wir brauchen so einen Stoßstürmer, der die Bälle von Özil und Podolski verwertet. An Podolski muss Löw festhalten. Er ist immer für ein Tor gut - und er braucht das Vertrauen des Trainers.
Sie kennen den englischen Fußball wie kaum ein anderer. Was glauben Sie, wie die Briten zu Werke gehen?
Riedle: Die präsentieren sich ganz sicher anders als bisher. Auch wenn Rooney in der Vorrunde schwächelte - der kann von einer Sekunde auf die andere zünden und ist eminent gefährlich. England hat eh absolut klasse Einzelspieler. Und sie sind top motiviert - Franz Beckenbauer hat da ja ordentlich Öl ins Feuer gegossen.
Wie knackt man sie?
Riedle: Die Engländer gehen sicher nicht mit breiter Brust in dieses Spiel. Dafür haben sie bisher nicht gut genug gespielt. Deshalb dürfen wir nicht ängstlich sein und sie stark machen. Die Deutschen müssen so loslegen wie gegen Australien: gleich draufgehen und sie erst gar nicht zur Entfaltung kommen lassen. Und wenn wir einen halbwegs guten Tag haben, packen wirs.
Der Sieger von Sonntag trifft aller Voraussicht nach im Viertelfinale auf die starken Argentinier? Ghana als Zweiter hat den leichteren Weg
Riedle: Ja, aber so was kannst du dir nicht raussuchen. Klar, Argentinien wäre verdammt schwer. Eigentlich kaum zu packen. Aber man darf jetzt nicht schon zu weit nach vorn schauen - erst steht das England-Spiel an.
Wie werden Sie das Spiel am Sonntag verfolgen? Sind Sie eher ein Public Viewing-Typ oder verschanzen Sie sich im eigenen Wohnzimmer?
Riedle: Weder noch. Wir gehen am Sonntag zu Bekannten - und schauen mit ein paar Kumpels von mir.
Mal weg von den Deutschen. Was sagen Sie zum frühen Aus der Franzosen und vor allem der Italiener?
Riedle: Skandalös, einfach nur skandalös. Zu den Franzosen muss man gar nichts mehr sagen. Aber ich hätte mein Haus darauf verwettet, dass Italien weiterkommt. Aber dass die so einknicken, war eine Frechheit.
Wer wird Weltmeister?
Riedle: Brasilien. Die spielen unheimlich effektiv.