Kaufbeuren/Ostallgäu (bbm). - Mit Blutergüssen und Fesselungsspuren an Armen und Beinen endete für einen 16-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis eine Strafaktion von sechs jungen Leute aus seinem Jugendclub. Die Täter im Alter von 14 bis 20 Jahren hatten sich über angebliche Faulheit des Opfers geärgert. Der Jugendliche wurde unter anderem an einen Tisch gefesselt und geschlagen. Während zwischen fünf Beschuldigten und dem Geschädigten ein Täter-Opfer-Ausgleich stattgefunden hat, musste sich der sechste Täter (20) jetzt wegen Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung vor dem Jugendrichter verantworten. Dieser stellte das Verfahren im Zuge der Gleichbehandlung ein. Alle Beteiligten hatten sich reuig gezeigt und dem Opfer finanzielle Wiedergutmachung geleistet. Der Angeklagte hatte beispielsweise nach einer schriftlichen Entschuldigung 250 Euro Schmerzensgeld überwiesen. Laut der Vertreterin der Katholischen Jugendfürsorge, die den Täter-Opfer-Ausgleich auf Anregung der Staatsanwaltschaft hin durchgeführt hatte, wäre das Opfer auch im Fall des Angeklagten zu einer außergerichtlichen Konfliktlösung bereit gewesen. Allerdings habe der Vater des Jugendlichen darauf bestanden, dass der 20-Jährige aus dem Täter-Opfer-Ausgleich ausgeschlossen wird. Mittlerweile ist die Situation innerhalb des Dorfes aber offenbar wieder so, dass auch nach Einschätzung der Nebenklage 'alle damit leben können'. Im Verfahren war deutlich geworden, dass der Vorfall im Ort große Unruhe ausgelöst hatte. Die Anwältin des Opfers sprach von einem 'Hexenkessel'. Warum die Situation im Jugendclub damals eskaliert war, konnte der Angeklagte nicht genau sagen. Es klang aber an, dass die Übergriffe wohl eine Art Denkzettel für einen angeblich faulen Vorstandskollegen gewesen waren.
Der Jugendliche wurde damals per Handy in den Clubraum zitiert, wo der Angeklagte hinter ihm die Türe zuhielt. Nach einem Wortwechsel seien er und zwei weitere Anwesende auf die Idee gekommen, den 16-Jährigen mit zufällig herumliegenden Stricken an einen Tisch zu fesseln. Anschließend wurde der 16-Jährige mit einem Besenstiel in den Rücken gestupst. Dass er dabei zu anderen Anwesenden sagte, sie sollten dem Jugendlichen den Besenstiel ins Gesäß stecken, gab der Angeklagte zu. Dies sei aber keinesfalls ernst gemeint gewesen. Bei einer derartigen Absicht, so der Richter, hätte sich der Angeklagte auch nicht vor dem Amtsgericht, sondern vor dem Landgericht verantworten und mit einer U-Haft rechnen müssen. Dass die jungen Leute dem Opfer damals auch noch einen Spüllappen übers Gesicht und ein Dreisitzer-Sofa auf den Körper legten, sei als 'Spaß' gedacht gewesen, so der Angeklagte. Spontane Reaktion des Richters: 'Glauben Sie denn, dass das Opfer das als Spaß empfunden hat?!' Der junge Mann zeigte sich einsichtig und gab außerdem zu, dem Jugendlichen mit einem Holzscheit in die Genitalien geschlagen zu haben. Das Opfer hatte gegenüber der Polizei erklärt, der Schlag sei 'nicht allzu fest' gewesen. Die Übergriffe endeten, als der 16-Jährige darauf hinwies, dass seine Hände wegen der Fesseln schon blau angelaufen seien. Der Angeklagte band ihn daraufhin los. Für den Richter war das Ganze jetzt 'ein schwieriger Fall'. Einerseits seien die Tatvorwürfe massiv, andererseits sei das Verhalten der Beschuldigten wohl auch von 'absoluter, jugendlicher Idiotie' geprägt gewesen. Gerade vor dem Hintergrund einer Wiederherstellung des dörflichen Friedens sei es eine 'sehr glückliche Idee' gewesen, dass die Staatsanwaltschaft einen Täter-Opfer-Ausgleich angeregt habe. Der Richter würdigte in diesem Zusammenhang ausdrücklich die gute Arbeit der Vertreterin der Katholischen Jugendfürsorge. Die Sozialarbeiterin hatte in ihrer Stellungnahme den Verlauf eines intensiven Gesprächs zwischen Tätern und Opfer mit den Worten 'die konnten miteinander gut reden' zusammengefasst.