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Junge Frau als Opfer einer Scheinehe

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Junge Frau als Opfer einer Scheinehe

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    28-Jährige gesteht Verbindung mit 33 Jahre altem türkischem Staatsbürger Kaufbeuren/Ostallgäu (bbm). Ohne Wenn und Aber gab eine heute 28-jährige Ostallgäuerin vor dem Kaufbeurer Amtsgericht zu, dass ihre im Jahr 1992 geschlossene Verbindung mit einem 33 Jahre alten türkischen Staatsbürger eine Scheinehe war. Damit stand für Staatsanwalt und Richter fest, dass beide Angeklagte im Juli 1995 in einem Antrag zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Mannes falsche Angaben über eine angebliche eheliche Gemeinschaft gemacht hatten.

    Weil die junge Frau vor Gericht geständig war und zudem den glaubhaften Eindruck vermittelte, dass sie sich zur Scheinehe hatte überreden lassen, wurde ihr Verfahren gegen eine Geldauflage von 700 Mark eingestellt. Angesichts erkennbarer Hilflosigkeit und Unsicherheit der 28-Jährigen hatte ihr Verteidiger im Laufe des Verfahrens davon gesprochen, dass man die junge Frau bei Würdigung der Gesamtumstände durchaus als Opfer sehen könne. Ihr mittlerweile von ihr geschiedene 'Ehemann' beharrte vor Gericht auf seiner Darstellung einer zur Tatzeit bestehenden Ehe . Er wurde wegen Erschleichens einer Aufenthaltserlaubnis zu einer Geldstrafe von 5400 Mark verurteilt. Wie der Verhandlung zu entnehmen war, läuft gegen ihn zur Zeit auch ein Ausweisungsverfahren.

    Dass die Frau beim Zustandekommen der Verbindung alles andere als die treibende Kraft war, ließ sich aus ihrer Aussage schließen: Immer wieder seien im Frühjahr 1992 eine ehemalige Schulfreundin und deren Ehemann zu ihr gekommen und hätten gefragt, ob sie nicht den Bruder des Mannes heiraten könne. Schließlich habe sie dem Drängen nachgegeben und 'einfach ja' gesagt, erklärte die junge Frau vor Gericht. In der Folgezeit habe sie zwar gelegentlich beim Angeklagten genächtigt und sei mit ihm auch intim gewesen, eine eheliche Gemeinschaft habe aber nie bestanden.

    Die dubiosen Hintergründe der Heirat wurden im Verfahren durchleuchtet und fanden dann auch Niederschlag im Urteil. So hatte der Angeklagte offenbar kurz bevor er mit einem Touristenvisum in die Bundesrepublik einreiste, in seinem Heimatland mit seiner dortigen Freundin ein Kind gezeugt, von dem er aber angeblich längere Zeit nichts wusste. Als Folge verschiedener Heimaturlaube kamen dann in der Türkei noch zwei weitere Kinder zur Welt. Wenige Wochen nach seinem Scheidungstermin heiratete der Mann die Mutter seiner Kinder und beantragte den Familien-Nachzug nach Deutschland.

    'Reges Interesse'

    Angesichts der gesamten Umstände, so der Richter, müsse man sich schon fragen, wem man glauben solle: Der jungen Frau, deren Angaben 'durchaus Hand und Fuß' hätten, oder dem Mann, der ein 'reges Interesse' an einem Bleiberecht habe. Die Schilderung der Angeklagten sei 'greifbar und nachvollziehbar', betonte der Vorsitzende.

    Der Verteidiger des Mannes ­ er beantragte Freispruch ­ hatte zuvor im Plädoyer darauf verwiesen, dass die Frau im Scheidungsverfahren vor dem Kaufbeurer Amtsgericht die Frage des damaligen Vorsitzenden nach einer Scheinehe klar verneint habe. Im Strafverfahren gab die 28-Jährige dafür nun eine nach Überzeugung des Staatsanwaltes völlig logische Erklärung: Sie habe dies nur deshalb getan, damit der Angeklagte 'bleiben darf'.

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