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Jugendarrest verhängt - aber vorerst kein Platz in Anstalt frei

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Jugendarrest verhängt - aber vorerst kein Platz in Anstalt frei

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    Von Michael Munkler|KemptenAlkohol, geballte Aggression und Gruppenzwang unter Halbstarken: Diese Mischung hatte vergangenen Sommer am Rande des Seenachtsfest in Bühl am Großen Alpsee zu einer nächtlichen Schlägerei unter jungen Leuten geführt. Mehrere Polizeibeamte mussten eingreifen. Drei der jungen Leute hatten sich jetzt vor dem Kemptener Amtsgericht zu verantworten. Ihnen war Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung vorgeworfen worden. Zwei junge Männer sprach das Jugendschöffengericht frei, ein 18-Jähriger muss vier Wochen in den Jugendarrest. Das Problem: Nach Angaben des Jugendrichters und der Jugendgerichtshilfe vergehen oft vier bis sechs Monate, bis straffällig gewordenen Jugendliche zum Arrest antreten können.

    Was sich im Detail in jener Nacht zum 28. Juli abgespielt hatte, konnte vor Gericht nicht mehr genau rekonstruiert werden. Klar ist nur, dass die wegen einer Schlägerei eingreifenden Beamten von mehreren Personen attackiert wurden. 'Ich bin seit 35 Jahren Polizeibeamter, aber eine Situation mit so geballter Aggression habe ich noch nie erlebt', schilderte ein Polizist im Zeugenstand. Er sprach von 'totaler Respektlosigkeit' der Jugendlichen gegenüber der Polizei. Unbekannte hätten mit Flaschen auf Polizisten geworfen und im Getümmel habe man versucht, 'an die Dienstwaffe zu greifen'.

    Der 18-jährige Angeklagte habe sich 'wie ein Berserker aufgeführt', als die Polizisten einen Streit unter Jugendlichen schlichten wollten, bei dem einer schon am Boden lag. Auf einen Platzverweis habe der 18-Jährige nicht reagiert. Zu wüsten Beleidigungen von Polizeibeamten kam es noch in derselben Nacht auf der Immenstädter Inspektion, wo 30 bis 40 Jugendliche erschienen.

    Einsicht gezeigt

    Er habe Polizisten zwar beleidigt, aber keinen Widerstand geleistet, beteuerte der 18-Jährige. Er hätte sich aus dem Streit der anderen Jugendlichen einfach raushalten sollen, statt sich einzumischen, signalisierte er Einsicht.

    Die Staatsanwältin plädierte auf Freispruch für die beiden Mitangeklagten und forderte für den 18-Jährigen drei Wochen Dauerarrest sowie 120 Stunden Sozialdienst.

    Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Friedrich Probst verhängte wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Beleidigung vier Wochen Dauerarrest für den Jugendlichen. Er war bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

    Den Arrest muss der Jugendliche in einer speziellen Anstalt in Augsburg verbüßen, der einzigen in Schwaben. Wann er antreten kann, ist aber völlig unklar. Erfahrungsgemäß gebe es vier- bis fünfmonatige Wartezeiten, sagte Jugendrichter Probst. Dies aber widerspreche dem Grundsatz, dass die Strafe der Tat auf dem Fuß folgen solle.

    Auch Claudius Schraudolph von der Jugendgerichtshilfe im Oberallgäu kennt das Problem. Viel zu lang seien die Wartezeiten, sagt er. Die 'Erziehungs- und Abschreckungswirkung' laufe ins Leere, 'wenn der Arrest wegen begrenzter Aufnahmekapazität der Arrestanstalt nicht umgehend vollzogen werden kann', so der Leitende Kemptener Oberstaatsanwalt Herbert Pollert. Er spricht von drei bis vier Monaten Wartezeit zwischen rechtskräftigem Urteil und Arrest-Vollstreckung.

    Ministerium: Problem bekannt

    Im Bayerischen Justizministerium ist das Problem bekannt. Für die Einrichtung in Augsburg gebe es 'außergewöhnlich lange Wartezeiten', bestätigte Stefan Lenzenhuber vom Justizministerium. Diese Situation werde 'zu Recht beklagt'. Abhilfe wolle man schaffen, indem Arrestanten aus Schwaben auf andere Anstalten verteilt werden. Zudem werde nächstes Jahr eine neue Einrichtung in München eröffnet.

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