Von Karin Meesmann , Ottobeuren - In der 'Gedenkansprache zu Ehren von Eu-gen Jochum im Jahr seines 100. Geburts- tags' erwies Professor Albert Scharf - der langjährige Intendant des Bayerischen Rundfunks - Eugen Jochum eine Referenz, die ihm am Herzen lag. Im Rahmen der 'Jochum-Bruckner'-Tage in Ottobeuren profilierte Scharf einen der großen Dirigenten des 20. Jahrhunderts: Dabei stellte die Dimension der ausgeloteten künstlerischen und menschlichen Tiefe Jochum mit geistigem Adel zwischen die Kaiser im Saal der Benediktiner-Abtei. Bezirkstagspräsident Dr. Georg Simnacher, Vorsitzender der Eugen-Jochum-Gesell- schaft, erinnerte in seiner Begrüßung vor zahlloser Repräsentanz aus Staats-, Landes-, Regional-Politik und internationaler Kultur, dass Eugen Jochum bereits 1951 mit dem von ihm gegründeten Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks sein erstes Basilika-Konzert dirigierte. Zitat Eugen Jochum war der Musiker, der die Bibel durchmeditierte wie kein anderer vor ihm.} Professor Albert Scharf Die zwei Jahre zuvor gegründeten Konzerte hob er damit schlagartig auf internationales Niveau und blieb mit deren Entwicklung eng verbunden. Jochum, das 'Relais', der Mittler. Dem die Inspiration des Komponisten, einen wesentlichen Teil der historischen Werktreue darstellte; Jochum, der seine Interpretationen als Gottesdienst verstand, nicht im Sinne von Weihrauch beschwenkter Mystik, sondern generell als 'ew'ge Ruh in Gott dem Herrn'; der 'den Idealfall erreicht sah, wenn der Musiker sich zwar durch den Dirigenten getragen fühlt, aber dennoch das Gefühl hat, dass er selbst gestaltet'. Jochum, der in seinem 'Heimat-Dreieck': Babenhausen als Geburtsort, Mooshausen als Ort der Besinnung - später unter anderem in langen Spaziergängen mit Romano Guardini, der ihn geistig und religiös immens beeinflusste - und Ottobeuren mit der Basilika, an deren Riepp-Orgel er schon frühbegabt wirkte und durch Konzerte inspiriert wurde. Für den Elite-Schüler von St. Stephan in Augsburg und späteren 'großen Schwaben' eine geistige Festung, die im 20. Jahrhundert oft abgegangen ist. Jochum demonstrierte politisch durch seine Haltung: 1935 durch einen Beitrag zum 50. von Guardini, der an der Uni Berlin Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung lehrte und 1939 abberufen wurde, da 'es nur eine Meinung gab'; durch Fluchthilfe und das Erstreiten der Aufführung verfemter Komponisten wie Bartok, Strawinsky, Hindemith eine frühe Aufgeschlossenheit gegenüber zeitgenössischen Strömungen, die Jochum auch in den 50ern beispielsweise in der Münchner Konzertreihe 'Musica viva' von Karl Amadeus Hartman pflegte. In Holland fand seine Einstellung 1941 zwangsläufig Anerkennung, als er zum ständigen Gastdirigenten des Amsterdamer Concertgebouw Orchesters berufen wurde. Neben seinen internationalen Erfolgen steht Jochum in der Reihe großer Dirigenten wie: Furtwängler, Klappertsbusch, Keilberth, eine deutsche Tradition, die in sich jedoch sehr different ist.
Aus der Spätromantik 'Jochum kam aus der Spätromantik und dem Expessionismus in eine Zeit hinein, die diese Werte gerade in Frage stellte. Dennoch fand er Werte und verwirklichte Konstanten in seinem Leben', bezeugte Scharf, 'die ihn von der Mode des Kunstgeschmacks zur zeitlos transzendenten Aussage von Kunst streben ließ der Entdeckung letzter Vollkommenheit, die für den Dirigenten Jochum ein Wesensmerkmal' zu sein schien. Er schätzte den evangelisch reformierten Bach wie Bruckner und korrespondierte durch 'Geist gestaltete Emotionalität' in besonderer Weise mit ihren Werken, 'von Jugend an in Erfurcht vor allem Großen und Heiligen'.