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Jet in Not: 22 Tonnen Kerosin über Kempten abgelassen

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Jet in Not: 22 Tonnen Kerosin über Kempten abgelassen

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    Kempten (buc). Von Kloten in der Schweiz nach Nairobi in Kenia hätte der Flug der 'Swiss'-Maschine am Abend des 7. August führen sollen. Weil aber dem Jet beim Start ein Vogel in eines der drei Triebwerke geraten war, entschloss sich der Pilot zur Umkehr. Um die voll betankte Maschine sicher landen zu können, ließ er über dem Raum Kempten bis zum Bodensee Kerosin ab, insgesamt 22 Tonnen. Eine Gefahr für Menschen und Umwelt, betonen Experten, habe dabei zu keiner Zeit bestanden, da Kerosin sofort beginnt, sich in der Luft zu verflüchtigen. Zwischen 21.30 und 21.45 Uhr hat der Pilot den Treibstoff in einer Höhe von 3500 bis 4500 Metern versprüht. 'So etwas ereignet sich sehr, sehr selten', weiß Martin Köppel, Sprecher der auch fürs Allgäu zuständigen Münchner Flugsicherung. Sie kontrolliert einen Luftraum, der als Eckpunkte Nürnberg, Stuttgart, das Ostufer des Bodensees, Innsbruck, Salzburg und die tschechische Grenze umfasst. 2001 verzeichnete die Flugsicherung vier dieses 'Fuel Dumping' genannten Schnellablassens von Treibstoff. Dem stehen im gleichen Zeitraum über 900000 Flugbewegungen ohne Vorkommnisse gegenüber. Dass es ohne 'Fuel Dumping' im Luftverkehr nicht gehen kann, bestätigt Cornelia Eichmann vom Luftfahrt-Bundesamt in Braunschweig: 'Flugzeugzelle und Fahrwerksteile sind für ein bestimmtes Landegewicht ausgelegt. Vor allem bei Langstreckenflugzeugen liegt das Abfluggewicht aber weit über dem maximalen Landegewicht.' Bei der Boeing 767 zum Beispiel beträgt dieser Unterschied 100 Tonnen. Sollte sich nun relativ kurz nach dem Start herausstellen, dass eine schnelle Landung wegen eines technischen Fehlers oder der plötzlichen Erkrankung eines Passagiers notwendig wird, müsse das Flugzeug einen Teil seines Kraftstoffes in der Luft ablassen. So, erklärt die Pressesprecherin, werde vermieden, dass der Jet mit zu hohem Gewicht landet, wodurch es bei der Landung oder einem späteren Flug zu einem Unfall kommen kann. Die Genehmigung für ein Fuel Dumping erteilt die zuständige Flugsicherung. Sie weist dem Piloten die Koordinaten eines Gebietes zu, über dem das Ablassen des Kraftstoffes erfolgen darf. In der Gegend fliegende Maschinen werden über Funk informiert, sodass keine Gefährdung anderer Luftfahrzeuge entsteht. Grundsätzlich, so Köppel, könne Treibstoff über jedem Gebiet abgelassen werden, wenn dies der Notfall erfordere. Der Pilot darf dabei eine Höhe von 6000 Fuß (rund 1800 Meter) nicht unterschreiten. 'Natürlich hören sich 22 Tonnen spektakulär an', hat Falk Heinen vom Umweltbundesamt in Berlin volles Verständnis, wenn da in der Bevölkerung Ängste entstehen. Aber diese Menge komme ja niemals auf eine enge Fläche konzentriert herunter, sondern werde aus großer Höhe über viele Kilometer hinweg durch Düsen ganz fein zerstäubt.

    Treibstoff verdampft in der Luft Der beim Fuel Dumping abgelassene Treibstoff (etwa 1600 Kilogramm/Minute) verdampft oder wird durchs Sonnenlicht in Kohlendioxid und Wasserdampf umgewandelt, bevor er den Boden erreicht. Eine Gefährdung für Mensch und Umwelt sei deshalb nicht zu befürchten, heißt es übereinstimmend bei Luftfahrtbundesamt, Umweltbundesamt, dem Institut für Luft- und Raumfahrttechnik und der Lufthansa. Und weil keinerlei Gefährdung vorliege, werden in solchen Fällen auch keine Behörden vor Ort verständigt. Einen verbreiteten Irrtum wollen die Fachleute gleich mit aufklären: Bei hoher Luftfeuchtigkeit können hinter landenden Flugzeugen Dunstfahnen sichtbar werden. Dabei handelt es sich nicht um abgelassenen Treibstoff, sondern um kondensierte Feuchtigkeit, die als Nebelfahne sichtbar wird.

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