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Jazzsänger Gregory Porter zieht in Wangen 700 Zuhörer in seinen Bann

Bärenstark

Jazzsänger Gregory Porter zieht in Wangen 700 Zuhörer in seinen Bann

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    Jazzsänger Gregory Porter zieht in Wangen 700 Zuhörer in seinen Bann
    Jazzsänger Gregory Porter zieht in Wangen 700 Zuhörer in seinen Bann Foto: Frank Rumpenhorst (dpa)

    'I could live here' (Ich könnte hier leben), sagt der vollbärtige Hüne und lächelt. Ein Bär von einem Mann. Gutmütig, warmherzig. Wie immer trägt Gregory Porter eine schwarze Ballonmütze, und ein dunkles Tuch verhüllt den Kopf mit Ausnahme des Gesichts. Tags zuvor sang er noch in Chicago.

    Jetzt steht er auf der Bühne des Festsaals der Waldorfschule in Wangen und erzählt, wie er nachmittags die kleine Stadt im württembergischen Allgäu bei einem Spaziergang erkundete. Wie er sich mit Leberkäse und Bergkäse stärkte, Kaffee und Bier trank und wie ihn der kleine Fluss Argen faszinierte.

    An diesem Samstag ist der US-Amerikaner in London. Dann wird er wohl auch die große Themse begutachten. Denn Flüsse ziehen den Jazzsänger an. 'Water under Bridges' hat er beispielsweise eine Ballade betitelt, die vom Schmerz des Verlustes handelt, und die er in Wangen – wie so vieles – herzergreifend vorträgt.

    Gregory Porter ist ein Phänomen. Der 1971 im südkalifornischen Bakersfield geborene Sänger ist für viele Jazzfans der große Hoffnungsträger, der vor ein paar Jahren scheinbar aus dem Nichts kam.

    Vom Footballer zum Sänger

    Ursprünglich wollte Porter Profi-Footballer werden, doch wegen einer Schulterverletzung wurde daraus nichts. 'Du singst wie Nat King Cole', sagte seine Mutter und ermunterte ihn, Sänger zu werden. Porter trat in Clubs auf und schaffte es als Musical-Sänger sogar an den Broadway.

    So gingen die Jahre ins Land. 2010, als 38-Jähriger, veröffentlichte er sein Debutalbum 'Water'. 2012 folgte 'Be Good'. Für beide Scheiben gab es Grammy-Nominierungen. Die begehrte Trophae erhielt er nun im Januar für seine dritte CD 'Liquid Spirit'.

    Weltweit öffnet Porters souliger Bariton die Herzen. Und er veredelt Alben mancher Kollegen (man höre 'Stand by me' auf Till Bronners aktuellem 'Movie Album'). Seit langem war sein Auftritt in Wangen, der das Landes-Jazzfestival Baden-Württemberg eröffnete, ausverkauft. Gleich zu Beginn zieht Porter die 700 Besucher mit 'Painting on Canvas' in Bann, zeigt, warum ihm derzeit die Jazzwelt zu Füßen liegt.

    Seine warme Stimme setzt er wie ein Solo-Instrument ein. So lässt er Farben aufleuchten, dezente, kraftvolle und schillernde. Porter hat unbändigen Spaß am Gestalten, am Formen eines Songs auf der Bühne. Da sitzt er auch schon mal fernab vom Mikrofon bei seinem Kumpel Chip Crawford am Flügel und gibt stimmgewaltig den Gospelsänger.

    Lustvoll erzählt er Geschichten

    Porter ist ein lustvoller Geschichtenerzähler. Seine Zuhorer animiert er zum Mitklatschen, seinen Musikern gewährt er Freiraume. Allen voran Yosuke Satoh, der sich die Seele aus dem Leib bläst, mit seinem Altsaxofon mal lyrisch die Stimme Porters umspült, und dann ekstatische Ausflüge unternimmt. In 'On my way to Harlem' schlägt Crawford beim Improvisieren plötzlich 'O du lieber Augustin' an; in 'Lonesome Lover' wechselt Porter fließend zu 'Hit the Road Jack'. Schlagzeuger Emanuel Harrold würzt alles mit trickreichem Spiel; Kontrabassist Aaron James ist der ruhende Pol.

    Die Band hält 90 Minuten die Spannung hoch, auch bei Balladen (No Love Dying, Hey Laura, Brown Grass). In Krachern wie 'Liquid Spirit' oder '1960 What?' (über Rassenunruhen in Detroit) sowieso. Minimalistisch-ergreifend: Wolfcry (Crawford/Porter). Ovationen im Stehen und zwei Zugaben reichen Porter noch nicht: Eine halbe Stunde lang gibt er im Foyer Autogramme, lässt sich mit Fans ablichten. Ein Weltstar zum Anfassen und Knuddeln. Bärenstark.

    Weitere Festivaltermine

    Das Konzert der Fusion-Jazz-Formation Mezzoforte am Freitag, 10. Oktober (20.30 Uhr), im Club-Lokal des Jazz-Point Wangen (Schwarzer Hase in Beutelsau) ist ausverkauft. Karten gibt es noch für den Auftritt der Jazz-Point Festival Band (mit Sänger Nick Gordon) am Samstag, 11. Oktober (20.30 Uhr) im 'Schwarzen Hasen'. Unter der Leitung von Klaus Roggors stehen Swing, Blues, Latin, Funk und Modern Jazz auf dem Programm. Zum Festivalabschluss spielt am 17. Oktober (20.30 Uhr) das Jazzensemble Baden-Württemberg um den Saxofonisten Peter Lehel und Sängerin Liv Solveig. Infos und Karten im Internet unter www.jazzpoint-wangen.de

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