Von Michaela Behr Oberstaufen Zumindest das Gemeindewappen von Oberstaufen zeigt sie noch in ihrer vollen Pracht: die Burg Staufen. Wo sich heute die Schlossbergklinik über dem Marktflecken erhebt, thronte im Mittelalter eine Burg, die sich später zum wohnlichen Schloss wandelte. Mit der Entstehung des Königreichs Bayern vor 200 Jahren war allerdings der Verfall des einstmals herrschaftlichen Sitzes besiegelt.
Wann und von wem die Burg Staufen erbaut wurde, liegt im Dunkeln, es gibt keine Erwähnung, keine Urkunden. Bekannt ist, dass die Burg des Reichsritters Marquard von Schellenberg im Jahr 1311 durch Verkauf an Graf Hugo von Montfort-Bregenz übergeht, 1525 im Bauernkrieg niederbrennt und Graf Wolfgang von Montfort-Rothenfels sie 1530 wiederaufbauen lässt. Es ist das Jahr 1567, als auf das aussterbende Geschlecht der Montforter das Geschlecht der Königsegg-Rothenfelser folgt - das die Geschicke der Herrschaft Staufen im Folgenden 237 Jahre lenken soll.
Als letzter regierender Reichsgraf tritt Franz Fidelis von Königsegg-Rothenfels 1772 mit 21 Jahren die Herrschaft an. Während er in Immenstadt residiert, dient ihm das Schloss Staufen als Jagdsitz. Er liebt den Prunk und pflegt einen pompösen Lebensstil - mit dem beginnenden 19. Jahrhundert ist der Reichsgraf heillos verschuldet. Zusätzlich finanziell belastet wird die Herrschaft Rothenfels durch die Koalitionskriege, muss sie doch Truppen versorgen, die durch die Grafschaft ziehen, und Reiter und Fußvolk stellen.
Wie Oberstaufens Ortschronist Thilo Ludwig berichtet, machen die Finanznöte auch vor dem Staufener Schloss nicht halt. Er schreibt: 'Der Staufner Vogteiverwalter konnte nicht das Geld dazu aufbringen, das reparaturbedürftige Dach des Staufner Schlosses mit neuen Dachziegeln dicht zu machen. Da ordnete der Reichsgraf im Jahr 1801 an, das Dach seiner nicht mehr bewohnten Burg Rothenfels bei Immenstadt abzudecken und die Dachziegeln nach Staufen zu schaffen, um das schadhafte Dach seines Staufner Schlosses (...) neu einzudecken.'
Drückende Schuldenlast
Um sich seiner drückenden Schuldenlast zu entledigen, lässt sich Franz Fidelis schließlich auf ein Angebot des österreichischen Kaiserhauses ein: Er tauscht mit Kaiser Franz II. seine Reichsgrafschaft Rothenfels, das Rittergut Werdenstein sowie die Herrschaft Staufen gegen Krongüter in Ungarn. Auf 'ewige Zeiten' wird der Vertrag besiegelt - damit geht auch das Schloss Staufen in habsburgischen Besitz über. Auf dem Schloss wird eine Obervogteiamtskanzlei eingerichtet, Verhörprotokolle zeugen davon. So soll etwa im Jahr 1804 eine Hebamme sechs Frauen aus Staufen wegen Schwarzarbeit auf entlegenen Bauenhöfen angeklagt haben. Die Sünderinnen rechtfertigen sich damit, dass es sich um Notsituationen gehandelt habe und werden verwarnt.
In Frankreich krönt sich unterdessen Napoleon Bonaparte zum Kaiser, der Habsburger Franz II. tritt in Koalition mit England, Russland und Schweden in den Krieg gegen Napoleon. Die 'ewigen Zeiten' habsburgischer Herrschaft in Staufen währen damit nicht lange. Nach seinem Sieg bei Austerlitz bewilligt Napoleon im Vertrag von Brünn vom 15./16. Dezember 1805 die Grafschaft Königsegg-Rothenfels einschließlich der Herrschaft Staufen dem Kurfürsten von Bayern. Am 22. Dezember 1805 wird das Gebiet vom bayerischen Militär in Besitz genommen. Mit dem Frieden zu Pressburg am 26. Dezember 1805 herrscht wieder Frieden zwischen Frankreich und Österreich. Die Grafschaft Rothenfels und die Herrschaft Staufen werden Bayern zugesprochen. Am 1. Januar 1806 wird Bayern zum Königreich erhoben.
Für das Schloss Staufen bedeutet das den Anfang vom Ende. Die Wälder um Staufen werden zwar zum königlichen Staatsbesitz und Jagdgebiet, doch sämtliche, zerstreut liegenden einstmals herrschaftlichen Grundstücke werden an Privatpersonen verkauft. So kommt es auch, dass im Jahr 1806 die Ortsgemeinde Staufen den Haupttrakt des Schlossgebäudes zum Abbruch erwirbt. Mit dem Material errichtet sie ein Jahr später im Hofgelände der Popstei ein öffentliches Waaghaus mit Getreideschranne. Weitere Grundstücke aus dem ehemaligen Schlossgut einschließlich Amtshaus und Waschküche erwirbt der Ökonom und Gerichtsamtmann Joseph Mahler, kurze Zeit später kauft er zudem das ehemals gräfliche Bräuhaus samt Garten, Wiesen und Waldungen.
Ausflugsziel für Bier-Freunde
1808 verkauft Mahler Amtshaus und Bräuhaus an Bräumeister Keller. 1810 heiratet Johann Geißler dessen Witwe - der Schlosskeller wird in den folgenden Jahren zum beliebten Ausflugsziel für Freunde des Schlossbieres. Heute ist von der alten Bausubstanz nichts mehr übrig: 1962 begann der Abbruch sämtlicher noch verbliebener Baureste aus dem 19. Jahrhundert. Geblieben ist die Erinnerung.