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Invasive Schlangenart: Kalifornische Kettennatter im Süden Deutschlands nachgewiesen

Durch wärmeres Klima oder rücksichtslose Halter?

Invasive Schlangenart: Kalifornische Kettennatter im Süden Deutschlands nachgewiesen

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    Eine Kalifornische Kettennatter sonnt sich auf einem Stein. In Baden-Württemberg wurden zwei Exemplare dieser Schlange gesichtet.
    Eine Kalifornische Kettennatter sonnt sich auf einem Stein. In Baden-Württemberg wurden zwei Exemplare dieser Schlange gesichtet. Foto: IMAGO / blickwinkel

    Die Kalifornische Kettennatter - Eigentlich kommt die Schlange im Süden der USA und im Norden Mexikos vor. Doch kürzlich wurden auch in Süddeutschland, genauer gesagt in Baden-Württemberg, zwei Exemplare gesichtet. Nun warnen Experten vor der invasiven Schlangenart, die die Population heimischer Lebewesen bedrohen kann und das auch schon andernorts getan hat. 

    Natter hat die heimischen Reptilien auf Gran Canaria fast ausgerottet

    Nach mehreren Funden in Deutschland, unter anderem in der Nähe von Offenburg und bei Freiburg, bereitet die Kalifornische Kettennatter so manchem Experten Sorgen. Denn die Natternart, die rund eineinhalb Meter - in seltenen Fällen sogar bis zu zwei Meter - lang wird, gilt als eine invasive Art: Zu beobachten war das bereits auf der spanischen Kanareninsel Gran Canaria. Dort war die Schlange laut dpa spätestens seit dem Ende der 1990er Jahre angekommen. Sie hat sich auf der Insel breit gemacht, rasend schnell vermehrt und als sogenannte invasive Art beträchtlichen Schaden angerichtet. Mittlerweile hat die eingeschleppte Schlange nämlich die einheimischen Reptilien auf Gran Canaria nahezu ausgerottet. 

    Tödlich für kleinere Tiere, ungefährlich für Menschen

    Dass etwas ähnliches auch hier in Deutschland passiert, das befürchten Biologen nun. Hubert Laufer vom Verein für Amphibien- und Reptilien-Biotopschutz Baden Württemberg macht sich Sorgen, dass die Schlange vor allem die Bestände der Smaragdeidechse am Kaiserstuhl und der Zauneidechse von der Schlange bedrohen könnte. Denn allgemein gilt die Natter, die unter der Artenbezeichnung Lampropeltis californiae bekannt ist, als geschickte Jägerin. Sie frisst Vögel, Echsen und auch kleine Säugetiere.  In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet ständen auch andere Schlangen auf ihrem Speiseplan. "Die Beute wird erdrosselt und danach im Ganzen verschluckt", beschreibt er. Die gute Nachricht für Menschen: Für uns sind die Nattern ungefährlich.

    Wärmeres Klima kann Population der Kalifornischen Kettennatter begünstigen

    Zum jetzigen Zeitpunkt sei aber noch unklar, ob die Kalifornische Kettennatter in Deutschland langfristig überleben bzw. sich überhaupt fortpflanzen kann. "Bei den zu beobachtenden klimatischen Veränderungen wäre es durchaus denkbar, hier ist es ja teils sogar wärmer als auf den Kanaren", sagt Laufer dazu. Auch Phillip Haubrock vom Frankfurter Senckenberg Forschungsinstitut (Standort Gelnhausen) hält das für möglich: "Bedenkt man, dass diese Art in der Europäischen Terrarienhaltung weit verbreitet ist, würde es mich nicht überraschen, wenn wir öfter von solchen Funden hören", sagt er.

    Mehr Schlangenhalter könnten ihre Tiere aussetzen

    Es ist also möglich, dass die gefunden Tiere einfach von Menschen ausgesetzt wurden. Haubrock befürchtet, dass durch die Größe und die steigenden Energiepreise weitere Halter auf die Idee kommen könnten, ihre Tiere ohne Rücksicht freizulassen. Die dunkelbraun gefärbte, mit gelben Streifen gemusterte Kalifornische Kettennatter steht seit Anfang August auf der sogenannten Unionsliste der invasiven Arten. Für sie besteht EU-weit ein Handels- und Nachzuchtverbot. Nicht untersagt ist jedoch der Besitz bereits vorhandener Tiere. 

    Keine rasante Ausbreitung in naher Zukunft

    Reptilienforscher Axel Kwet hält diesen Schritt, wie die dpa berichtet, für übertrieben und nicht nachvollziehbar. "Intensiv ist die Ausbreitung bislang nur auf den Kanaren", sagte der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT). "Wenn man bei dieser Schlange ein solches Verbot ausspricht, könnte man das bei etlichen anderen Tieren auch tun", meint Kwet. Viele verantwortungsvolle Hobbyzüchter verlören nun das Interesse an den Reptilien, die als "Anfänger-Nattern" beliebt und leicht zu halten seien. Und auch der Senckenberg-Wissenschaftler Haubrock rechnet in Deutschland vorerst nicht mit einer rasanten Ausbreitung. Individuen dieser Art würden erst nach einigen Jahren geschlechtsreif. Der derzeit noch relativ kalte deutsche Winter komme da noch in die Quere.

    Früher Einsatz gegen Ausbreitung kann sich aber lohnen

    Allerdings kann sich der frühe Einsatz gegen die Ausbreitung ähnlicher Arten lohnen - nicht nur für die heimische Tierwelt. Haubrock hat gemeinsam mit anderen Forschenden untersucht, welche Kosten durch invasive Arten entstehen und wie diese verhindert werden könnten. Die Ausgaben für Maßnahmen liegen seit 1960 weltweit bei etwa 84 Milliarden Euro, wie er und seine Kollegen unter anderem in der Studie im Fachjournal "Science of the Total Environment" ausführen. Dem ständen im selben Zeitraum Schäden durch Verluste in der Land- und Forstwirtschaft, an der Infrastruktur oder durch die Belastung der Gesundheitssysteme von mindestens 976 Milliarden Euro entgegen. "Wenn wir die Auswirkungen invasiver Arten auf die Umwelt erkennen, haben sie sich oft schon fest eingebürgert und weit verbreitet", warnt Haubrock. Es sei aber schwer, Entscheidungsträger von Investitionen in etwas zu überzeugen, das noch kein Problem darstelle. Aus Sicht Haubrocks fehlt zudem bei Tierhaltern ein breiteres Verständnis für die Gefahren, die von "biologischen Invasionen" ausgehen. "Hier sollte meines Erachtens bereits in Schulen angesetzt werden", schlägt er vor.

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