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Interview: Karin Molitor leitet das Eichamt in Kempten

Interview

Interview: Karin Molitor leitet das Eichamt in Kempten

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    Interview: Karin Molitor leitet das Eichamt in Kempten
    Interview: Karin Molitor leitet das Eichamt in Kempten Foto: Hermann Ernst

    Mit 'Pi mal Daumen' braucht man Karin Molitor nicht kommen. Nicht in der Arbeit jedenfalls. Die studierte Lebensmitteltechnikerin leitet seit dem Jahr 2001 das Eichamt in Kempten. Allergrößte Genauigkeit ist in diesem Beruf daher unabdingbar.

    Schließlich ist das Amt zuständig für das Eichen von unzähligen Messgeräten. Im Gespräch geht es natürlich über die tägliche Arbeit des Eichamtes, um den Verbraucherschutz, aber auch um Millionen von Fieberthermometern. Frau Molitor, haben Sie einen Lieblingsbaum?

    Molitor: Ja, aber es ist nicht die Eiche, wenn Sie darauf anspielen, sondern die Hängeblutbuche. Und mein Lieblingstier ist auch nicht das Eichhörnchen! (lacht)

    Ein Versuch war’s wert. Aber erklären Sie doch mal, wo man auf die Arbeit des Eichamtes im täglichen Leben trifft?

    Molitor: Messgeräten, die von uns geeicht wurden, begegnen Sie fast überall: die Waagen beim Metzger oder im Supermarkt, im Haus die Wasser- und Stromzähler, das Taxameter bei der Taxifahrt, die Zapfsäule an der Tankstelle. Aber auch, wenn Sie mit dem Auto zu schnell unterwegs sind – dann erwischt Sie die Polizei mit einer geeichten Radarmessanlage.

    Ihre Arbeit bleibt ja von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. Warum ist sie dennoch so wichtig?

    Molitor: Ohne unsere Eichung von Waagen in Lebensmittelmärkten könnte es vorkommen, dass dem Käufer nicht das tatsächliche Gewicht der Ware berechnet wird. Im umgekehrten Fall könnte es aber auch vorkommen, dass dem Händler Nachteile entstehen, wenn die Waage nicht fehlerfrei funktioniert. Das Beispiel lässt sich übertragen auf die anderen von uns geeichten Messgeräte. Und dies verdeutlicht das Wesen unserer Arbeit: Wir vertreten die Interessen der Bürger, kümmern uns also einerseits um den Verbraucherschutz und andererseits sorgen wir in der Industrie für einen lauteren Wettbewerb, indem wir für die gleiche Ausgangsbasis bei Messgeräten sorgen.

    Müssen Sie sich auch manchmal Beschwerden anhören?

    Molitor: Ja, hin und wieder kommt das vor: Es wird moniert, dass beim Einkaufen das Gewicht des Verpackungsmaterials nicht vom Gesamtgewicht abgezogen und somit dem Kunden mitberechnet wurde. Ein Klassiker ist die Klage von Autofahrern, die sich an der Zapfsäule betrogen fühlen. Die kommen dann zu uns und sagen: 'Das Auto war bis zum letzten Tropfen Benzin leer gefahren und trotzdem lief in den Tank nicht so viel Sprit, wie vom Hersteller angegeben.'

    Und dann?

    Molitor: Wir beruhigen erst einmal und versuchen dann in dem Fall aufzuklären. Beim Tanken muss zum Beispiel berücksichtigt werden, dass die Herstellerangaben zum Fassungsvermögen des Tanks manchmal nicht präzise sind. Zudem kennt man die im Tank noch vorhandene Menge Kraftstoff nicht so genau. In jedem Fall führen wir bei Bürgerbeschwerden eine Vor-Ort-Kontrolle durch.

    Früher musste mit drakonischen Strafen rechnen, wer versuchte, mit Maß und Gewicht zu betrügen. So wurde etwa in Augsburg Wirten die Hand abgeschlagen, wenn sie mehrfach zu wenig ausschenkten

    Molitor: Eine Hand verliert heutzutage glücklicherweise keiner mehr. Wenn aber jemand seine Waage nicht hat eichen lassen, stellt das eine Ordnungswidrigkeit dar. Diese kann mit einem Bußgeld geahndet werden.

    Was ist denn das ungewöhnlichste Gerät, das Sie jemals eichen mussten?

    Molitor: So richtig überraschen kann man uns eigentlich nicht. Nicht ganz alltäglich ist aber zum Beispiel das Choirometer. Es dient zur Feststellung des Muskelfleischanteils von Schweineschlachtkörpern. Die gemessenen Werte sind Grundlage der Abrechnung mit den Landwirten.

    Mengenmäßig also kein Vergleich zu den Fieberthermometern?

    Molitor: Das kann man wohl sagen! Noch vor einigen Jahren wurden pro Jahr zwei bis drei Millionen Quecksilber-Fieberthermometer geeicht

    Medizinische Geräte spielen für Sie aber heute noch eine große Rolle?

    Molitor: Ja, das stimmt. Seit etwa 20 Jahren sind wir zuständig für die Überwachung der Qualitätskontrolle in medizinischen Laboratorien, also zum Beispiel Krankenhauslaboratorien oder Großlaboratorien, in denen etwa Blutanalysen durchgeführt werden. Für dieses Aufgabengebiet sind in Bayern vier Eichbeamte ausgebildet. Ich bin zuständig für den Münchner Raum, Unterfranken, Schwaben und einige Bereiche Oberbayerns.

    Und im Privaten? Nehmen Sie es da auch ganz genau mit Maßen und Gewichten?

    Molitor: Also, wenn ich ehrlich bin: Beim Einkaufen schau ich schon drauf, dass mir nur der Preis für die Ware berechnet wird und nicht auch die Verpackung mitgewogen und verrechnet wird.

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