Von Stefanie Heckel Kempten - Für die 43-Jährige ist es, als hätte jemand eine schwere Last von ihren Schultern genommen. Denn nun muss sie sich keine Sorgen mehr machen, dass irgendwann ein Freier ihre zwölfjährige Tochter anspricht: Denn in zwei Wohnungen in der Gutenbergstraße, in denen mehrere Prostituierte ihre Dienste angeboten hatten, sind die roten Lichter ausgegangen. Wie berichtet, hatten sich die anderen Mieter gegen die Prostitution in ihrem Haus gewehrt. Durchgegriffen hat nun das Bauordnungsamt. Das ist nämlich zu dem Schluss gekommen, dass in dem Haus verbotenerweise ein bordellartiger Betrieb entstanden ist. Erlaubt wäre aber 'nur' Wohnungsprostitution, bei der die Frauen unter anderem auch wirklich in den Wohnungen leben müssen. Begonnen hatte die Geschichte im Mai. Zu diesem Zeitpunkt standen in dem Mehrfamilienhaus unweit der Big Box Allgäu zwei Wohnungen leer. Die 43-Jährige, die gemeinsam mit ihrer zwölf Jahre alten Tochter in dem Haus lebt, hatte sich noch gewundert, dass die Wände in den Wohnungen rot gestrichen wurden und Herzen die Fenster zierten. Wenig später zeigte sich der Grund für die ungewöhnlichen Umbauten: Mehrere Prostituierte begannen im Haus zu arbeiten. Große Schilder mit der Aufschrift 'erotische Massagen' an der Haustür, betrunkene Freier, die nachts an den falschen Türen klingelten und obendrein noch eine Internet-Annonce, die für eine 'asiatische Kindfrau' warb: Die negativen Nebenwirkungen der neuen 'Hausbewohner' stießen nicht nur der 43-Jährigen, sondern auch den anderen Mietern negativ auf. Trotz aller Klagen allerdings sah es zunächst so aus, als ob nichts geschehen würde. Denn in dem Gebiet, in dem das Wohnhaus liegt, ist Prostitution zulässig - nur einige hundert Meter weiter gibt es beispielsweise ein offizielles Bordell. Während die Hausbewohner den Mieterverein einschalteten, begann im Bauordnungsamt eine Untersuchung. Dabei ging es um die Details, die in Sachen Prostitution den Unterschied machen - und letztlich auch im Fall Gutenbergstraße entscheidend waren.
Kriminalpolizei ermittelte Die Gutenbergstraße gehört zum Bebauungsplan 'nördliche Kotterner Straße', ein so genanntes 'Mischgebiet'. Konkret bedeutet das: 'Dort sind Gewerbebetriebe zulässig, die das Wohnen nicht wesentlich stören', erläutert die stellvertretende Baureferentin Franziska Renner. Wohnungsprostitution gilt als ein solcher Gewerbebetrieb, denn dabei treten die Prostituierten nur 'wohnähnlich' in Erscheinung, ihr Gewerbe ist nicht prägend für das Gebäude. Und, ganz wichtig: Bei der Wohnungsprostitution gehen die Frauen dort nicht nur ihrer Arbeit nach, sondern sind dort längere Zeit gemeldet. 'Das war aber nicht der Fall', erklärt Vize-Baureferentin Renner. Vielmehr gab es nur eine offizielle Mieterin, die dann an eine Frau pro Wohnung untervermietete. Diese beiden Frauen wiederum vergaben tageweise Zimmer an andere Prostituierte. Weil das Geflecht so schwierig zu durchschauen war, hatte die Kripo ermittelt, die ihre Erkenntnisse an die Stadt weitergab. Diese untersagte nun die Prostitution. Die Mieterin der Erdgeschoss-Wohnungen kann zwar Widerspruch einlegen, laut der 43-jährigen Hausbewohnerin haben die Prostituierten die Wohnungen aber schon geräumt: 'Das ist ein riesiger Erfolg, wir sind sehr erleichtert.'