Vor kurzem jährte sich eines der schlimmsten Unglücke in der Geschichte des seit über 125 Jahren für Wanderer erschlossenen Eistobels: Eine Frau und ein Mann starben im August 2004 beim Versuch, einen Hund aus dem Wasser zu retten. Sie gerieten in ein Strudelloch und wurden unter Wasser gehalten. Das tragische Unglück war Auslöser für die Erarbeitung eines Rettungskonzeptes. Und das hat sich bereits mehrfach bewährt.
Auch wenn eine schnellere Hilfe vor sechs Jahren das Leben der beiden Wanderer nicht hätte retten können, so zeigte das Unglück doch Defizite auf. Es wurde klar, dass Ortsunkundige im Eistobel oft keine konkrete Ortsangabe machen können. Entsprechend schwer war es in der Vergangenheit für die Retter, schnell am Einsatzort zu sein.
Mit jährlich 60000 Besuchern zählt der Eistobel zwischen Maierhöfen und Grünenbach zu den populärsten Zielen von Touristen im Westallgäu. Sonntags sind häufig 1000 Wanderer entlang der Argen zwischen Argentalbrücke und Schüttentobel unterwegs. Nicht jeder ist auf die Besonderheiten des Weges vorbereitet. "Mancher bringt nicht die notwendige Trittsicherheit mit, und mancher Wanderer trägt auch die falschen Schuhe", sagt Markus Eugler. Der Grünenbacher Bürgermeister ist im Hauptberuf Wachleiter der Rettungswache in Lindenberg und war schon bei vielen Einsätzen im Tobel dabei.
Er regte nach dem Unglück 2004 ein Rettungskonzept an und entwickelte es zusammen mit den Feuerwehren Maierhöfen, Grünenbach und Ebratshofen, der Bergwacht Oberstaufen und der damaligen Rettungsleitstelle Kempten. Sie alle sind bei einem Einsatz im Eistobel gefragt. Hinzu kommen im Bedarfsfall Taucher der Feuerwehr Lindenberg oder der Wasserwacht Weiler.
Basis des Konzeptes ist eine Karte, die den rund drei Kilometer langen Eistobel in 13 Bereiche einteilt. Markante Punkte dienen als Orientierung und wurden mit Holztafeln beschriftet. Was mancher möglicherweise als touristischen Hinweis wahrnimmt, ist im Ernstfall eine wichtige Information. Sobald ein Notruf mit dem Hinweis "Unfall im Eistobel" eingeht, wird gefragt, in welchem Bereich sich der Unfall ereignet hat. Die Tafeln sind maximal 200 Meter voneinander entfernt.
So können auch Ortsfremde schnell vermitteln, wohin die Rettungsdienste anrücken müssen. Diese werden in dem Konzept über fünf Zufahrtswege zur Unfallstelle geleitet - drei aus Richtung Grünenbach, einer von Riedholz und einer von Schüttentobel aus. "So sind wir oft in wenigen Minuten vor Ort", weiß Eugler. Für eventuell angeforderte Hubschrauber gibt es GPS-Koordinaten der wichtigsten Anflugpunkte. Spezielle Landeplätze im Eistobel gibt es nicht. Der Pilot entscheidet, ob er landet oder eine Rettung per Winde vornimmt. Auch wenn sich das Konzept schon mehrfach bewährt hat, kann nicht immer geholfen werden. Als im November 2009 ein Kajakfahrer im Eistobel verunglückte, waren die Retter zehn Minuten nach dem Notruf vor Ort. Für den Kajakfahrer kam dennoch jede Hilfe zu spät. (owi)