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"In jeden Haushalt gehört eine Krippe"

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"In jeden Haushalt gehört eine Krippe"

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    Sulzberg/Westallgäu | pem | Sorgfältig treibt Thomas Wörndle mit seinem Schnitzmesser Furchen in das Holz. Im Hintergrund ist das gedämpfte Kreischen einer Säge zu hören. In den Kellerräumen gegenüber der Sulzberger Kirche arbeitet gut ein Dutzend Erwachsener an Krippen. "Jede ist ein Unikat", freut sich Krippenbaumeister Thomas Wörndle. Anfang Dezember werden sie alle zu sehen sein.

    Seit acht Jahren bietet der Krippenbauverein in Sulzberg Kurse an. Zweidrittel der Teilnehmer, schätzt Vorsitzender Thomas Wörndle, kommen aus dem Allgäu. 22 Erwachsene sind es diesmal. Seit Anfang September treffen sie sich - aufgeteilt in zwei Gruppen - einmal in der Woche.

    Die meisten haben an ihrer Krippe mittlerweile "Richtfest" gefeiert. 35 bis 40 Stunden dauert der Bau insgesamt, schätzt Wörndle. Besonderes handwerkliches Geschick ist nicht nötig, beteuert er. "Bei uns hat noch jeder eine schöne Krippe hinbekommen", sagt Wörndle, der in seinem bürgerlichen Beruf Kaufmann ist. Wie viele genau er selber schon gebaut hat, weiß er nicht. Jedenfalls zu viele, um sie alle zu Hause aufzubewahren. Deshalb trennt er sich hin und wieder schweren Herzens von einer.

    Erika Steuer wird das nicht passieren. Zum ersten Mal baut sie eine Krippe. Die junge Frau arbeitet mit einer Feile am Burgturm. Schon ihre Mutter hatte einen Kurs in Sulzberg belegt. Nachdem die Scheideggerin ihre erste eigene Wohnung bezogen hatte, wollte sie auch wieder eine handwerklich gefertigte Krippe. "Die gehört zu Weihnachten einfach dazu", sagt sie. Entschieden hat sich Erika Steurer für eine orientalische, mit Burgruine, Häusern mit Rundbögen und kleinem Stall, weil es "besser zur Weihnachtsgeschichte passt".

    Ob orientalisch oder alpenländisch, ist Wörndle und seinen Mitstreitern vom Krippenbauverein egal. Hauptsache das Gesamtbild passt. Das und "die Liebe zum Detail", sagt Wörndle, machen eine gute Krippe aus.

    Drei Krippenbaumeister hat der Verein in seinen Reihen. Alle haben entsprechende Kurse samt Prüfung hinter sich. Sie geben mit gleichfalls geschulten Krippenbauhelfern den Kursteilnehmern Tipps, legen bei schwierigeren Aufgaben selber Hand an oder mischen Farben aus Pulver an. Der Verein stellt Werkzeug und Räume. Bandsäge, Schleifer und Kreissäge stehen in der Werkstatt. Auch das Material ist in der Kursgebühr inbegriffen. Gesammelt wird es teilweise im Sommer: Wurzeln, Schwämme, Rinde von Lärchen und vor allem altes Holz. "Da stürzen wir uns wie Geier drauf", sagt Wörndle. Es passt halt am besten zu einer Krippe.

    20 Vereine im Ländle

    Deren Bau ist im Ländle ein organisiertes Vergnügen. 20 Vereine gibt es mittlerweile zwischen Bodensee und Arlberg, Tendenz steigend. "In jeden Haushalt gehört eine Krippe", formuliert Thomas Wörndle das Motto des Sulzberger Vereins. Im eigenen Ort hat er das (fast) erreicht. 250 bis 300 Bürger der 1830-Seelen-Gemeinde haben in den neun Jahren des Vereinsbestehens einen Kurs gebucht. So wie Anneliese Zeh. Sie ist heuer zum vierten Mal dabei. "Es ist Ausgleich und stimmt auf Weihnachten ein", sagt sie. Die erste Krippe war für den eigenen Haushalt bestimmt, die weiteren für Verwandte. Jedes Kind soll eine Krippe von ihr in der Wohnung stehen haben. Vier alpenländische Krippen sind so entstanden, fein gearbeitete Holzhäuser mit Schindeldach. Die fünfte und "letzte" wird sie im "orientalischen Stil" bauen, "zur Abwechslung". Eines steht schon heute fest. Auch diese Krippe wird wieder ein Unikat sein.

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