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In die Irrenanstalt statt ins Arbeitslager

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In die Irrenanstalt statt ins Arbeitslager

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    'Einer flog übers Kuckucksnest' im Stadttheater Lindau Von Barbara Rau Linda. Mit 'Einer flog übers Kuckucksnest' führte das Eurostudio Titisee/Joachim Landgraf ein, zumindest dem Titel nach, berühmtes Theaterstück in Lindau auf. Dale Wassermann schrieb das Stück um einen jungen Mann, der eine psychiatrische Station 'aufmischen' will, nach einem Roman von Ken Kesey. Geläufig dürfte vielen Zuschauern der gleichnamige Film von Milos Forman gewesen sein. Randle P. Mc Murphy (Enno Bargmann) 'spielt' im wahrsten Sinn des Wortes verrückt, um vom Arbeitslager ins vermeintlich bequemere Irrenhaus eingewiesen zu werden. Ein Mann, der sich an Gesetze nicht zu halten pflegt und deshalb auch die Regeln der Anstalt so schnell wie möglich zu unterlaufen versucht. Nicht immer zur Freude seiner Mitbewohner. Gegenspielerin ist Schwester Ratched, ein pflegerischer Drachen wie aus dem Lehrbuch. Dargestellt wird sie eher hölzern und unkonzentriert von Reinhild Solf. So ganz nimmt man ihr die, selbst an psychischen Defiziten leidende Vollzieherin auch unmenschlichster 'Therapien' nicht ab.Überzeugender die inneren Konflikte des Dr. Spivey, dessen Schwachheit Horst R. Naase zu vermitteln mag.

    Der Psychiater schwankt zwischen Angt vor der Anstaltsleitung, dem Stab und seiner unverhohlenen Sympathie für den Rebellen Mc Murphy. Er bleibt aber letztlich Erfüllungsgehilfe des brutalen Apparates. Beeindruckend war der schweigsame Häuptling Bromden, dessen innere Monologe leider durch allzu schrille Töne begleitet waren. Der Häuptling fühlt sich, obwohl körperlich ein Riese, klein, ausgelöst durch seine Kindheitserfahrungen. Der Autor setzt den menschenverachtenden Umgang mit den Ureinwohnern, nach wie vor ein Thema in den USA, in deutliche Bilder um. Warum der Häuptling sich ausgerechnet durch Mc Murphy aus seinem Trauma erlöst sieht, bleibt unklar, auch wenn beide sich gemeinsam an einen alten Kinderreim erinnern, aus dem der Titel des Stücks stammt. Ebenso unklar ist der Sinn der Party, die Mc Murphy organisiert. Ledigliche Andeutung einer Party unter Irren, hätte sicher mehr Beklemmung verursacht, als diese aufgesetzte, schrille Lustigkeit. Der Komik, die der Autor einsetzte, fehlte der rechte Biss.Überzeichnet war der absolut irre Ruckley, für dessen unaufhörlich zuckendes An-der-Wand-Stehen Stephan Meyer-Kohlhoff augenscheinlich zu seiner eigenen Überraschung den meisten Beifall bekam. Schon eher betroffen machte das Bekenntnis der Abteilungsbewohner, dass sie nicht eingewiesen worden waren. Angst vor der Mutter, wie beim stotternden Billy (Sven Tjaben) oder vor der eigenen attraktiven Frau und deren fordernder Sexualität, wie beim Patientensprecher Dale Harding (Michael Schorles), waren Gründe, lieber in der Geborgenheit einer Anstalt zu leben. Auch wenn deren Mechanismen ebenfalls Angst einflößend sind. Dass ein Mensch das Irrenhaus als Zuflucht betrachtet, lässt schaudern. Bleibt die Frage, warum Mc Murphy nicht mit den eingeschleusten Frauen rechtzeitig wieder geflüchtet ist, als sich ihm die Fratze der dunklen Seite dieser psychiatrischen Unterdrückungsmaschinerie zeigte. Dies konnten die Schauspieler auch in dieser Aufführung nicht vermitteln.

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