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In der Dose schlummern noch ein paar Mark und Pfennige

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In der Dose schlummern noch ein paar Mark und Pfennige

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    In der Dose schlummern noch ein paar Mark und Pfennige
    In der Dose schlummern noch ein paar Mark und Pfennige Foto: martina diemand

    Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends geht seinem Ende zu. Aus diesem Anlass haben wir Kemptener und Oberallgäuer wiedergetroffen, über die wir schon einmal berichtet haben. In "Menschen eines Jahrzehnts" schreiben wir ihre Geschichten fort - von der Euro-Einführung bis zur Erdbebenkatastrophe in Haiti, von Schicksalsschlägen bis hin zu großen Glücksmomenten. Heute: 2001 - Was wurde aus den Erwartungen an den Euro?

    Altusried In einer kleinen Dose verwahrt Heike Lange noch immer ein paar Markstücke und Pfennige. Zusammen mit der alten Ost-Mark, die sich in ihrer Hand schon "gar nicht mehr anfühlt wie richtiges Geld". Drei Währungen hat die 47-Jährige in etwas über zwei Jahrzehnten erlebt: Die Mark der DDR, in der sie aufwuchs, die D-Mark des Westens, in den sie nach der Maueröffnung zog, und den Euro. Welche Erwartungen haben Sie an die neue Währung? Diese Frage hatten wir Heike Lange 2001 kurz vor Einführung der Gemeinschaftswährung gestellt.

    Dezember 2010: In dem eingeschossigen Industriebau in Krugzell brennt noch Licht. Heike Lange und ihr Mann betreiben eine Papierverarbeitung. Die Aufträge, erklärt die Chefin nach der Begrüßung, kommen kurzfristig herein und müssen ebenso kurzfristig wieder raus. Da gewöhne man sich an einen späten Feierabend, sagt sie und lächelt schief. Im Pausenraum der Firma stehen Tisch und Stühle. Heike Lange nimmt an der Stirnseite Platz. Neun Jahre Euro - fällt ihre Bilanz so positiv aus, wie damals erhofft?

    Unternehmen "gläserner"

    Die 47-Jährige überlegt einen Moment. "Jein", sagt sie dann. Denn der Euro habe auch Schattenseiten mit sich gebracht, die sie 2001 noch nicht vermutet habe. Zum Beispiel den steigenden Preisdruck in der Wirtschaft.

    Durch die Vergleichbarkeit seien die Unternehmen "gläserner" geworden: "Es geht viel um den Preis und die Leute fragen zuerst, wo sie ihre Sachen am günstigsten bekommen." Andererseits habe sie etliche Kunden aus Österreich - da sei es klasse, in der selben Währung zu kalkulieren.

    Und auch die Privatfrau Heike Lange schätzt den Euro - vor allem bei Reisen zu ihrem Lieblingsziel, dem spanischen Girona. Über die Jahre habe sie aufgehört, den Europreis im Kopf in Mark umzurechnen. "Das macht man nur noch, wenn einem etwas sehr teuer vorkommt - etwa in der Gastronomie", sagt die Oberallgäuerin und lacht.

    Hat sie damals eigentlich ein Euro-Starterkit besorgt? Am Morgen des 17. Dezember 2001 hatten sich vor den Banken quer durch Kempten lange Schlangen gebildet, weil Hunderte die Euro-Münzsäckchen im Wert von 20 Mark haben wollten. "Nein, ein Starterkit hatte ich nicht", erklärt Lange. Wohl, weil sie schon damals lieber mit Karte statt mit Bargeld bezahlt habe.

    Lange ist eine praktisch veranlagte Frau. So legte sie ihre Ostmark vor 1990 lieber gleich in Kleidung und Haushaltswaren an, statt auf den Umtausch ein Jahr später zu warten. In der DDR war sie Lehrerin - und dabei nicht nur für Nachmittagsbetreuung und Theatergruppe zuständig, sondern auch für den Werkunterricht und Praxisausbildung.

    Im Westen schulte sie auf Industriekauffrau um, half mangels Alternativen zunächst bei einem Partyservice mit und wurde dann Praktikantin in der Buchbinderei, die ihr und ihrem Mann heute gehört. Mehrere Jahre ackerte sie als Angestellte - und griff schließlich zu, als ihr der Chef die Firma anbot.

    Ihr Wunsch fürs neue Jahr? Der hat - dienstlich gesehen - auch etwas mit Geld zu tun: "Finanziell unabhängiger von Banken werden." Und privat? "Mehr Zeit für mich finden."

    Heike Lange ist Chefin einer Papierverarbeitung in Krugzell. 2001 blickte sie positiv auf die Einführung des Euro. Seither hat sie aber auch Schattenseiten ausgemacht. Foto: Martina Diemand

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