Bei ihm hat so gut wie jedes Kind in Buchloe das korrekte Fahrradfahren gelernt. Er hat ihnen gezeigt, wie man ordnungsgemäß nach links abbiegt und erklärt, warum an Kreuzungen ohne Verkehrsschilder Rechts-vor-Links gilt. Johann Simnacher ist der dienstälteste Polizist in Buchloe. Heute ist sein letzter Arbeitstag. Der gebürtige Honsolgener geht in Pension.
Etwas Erleichterung schwingt sicherlich mit, wenn Johann Simnacher heute seine Uniform auszieht, seine Pistole und seine Polizeimarke abgibt. "Ich habe bis heute keinen Tag bereut, dass ich zur Polizei gegangen bin", sagt er. Gleichzeitig ist Simnacher aber auch froh darüber, "dass mir eigentlich nie etwas Schlimmes passiert ist". Einmal habe er bei einer Unfallaufnahme vor einem zu schnell heranfahrenden Auto den Schutz hinter einer Leitplanke suchen müssen ("oh, da bin ich gesprungen"); ein anderes Mal warf ein Mann mit einem Messer nach ihm ("das hat mich aber nur mit dem Knauf am Oberschenkel getroffen").
Wäre es nach dem Vater gegangen, hätte Simnacher nach seiner Realschulzeit eine ruhigere Laufbahn beim Finanz- oder Landratsamt eingeschlagen. Doch der damals 18-Jährige suchte die Abwechslung. "Ich wollte unter die Leute." So zog es ihn Ende der 1960er-Jahre zunächst zur zweijährigen Ausbildung zur Polizeischule nach Würzburg. Unter anderem wurden zu jener Zeit Polizistenanwärter bei Demonstrationen eingesetzt. "Ich erinnere mich noch genau an eine Straßenschlacht in Nürnberg. Linke und Rechte gingen aufeinander los. Wir waren mittendrin. Unser Auto wurde angezündet, Wasserwerfer wurden eingesetzt."
Etwa ruhiger war die nächste Station für Wachtmeister Simnacher. Er kam zur Stadtpolizei im Bezirk Pfersee nach Augsburg. Zusammen mit der amerikanischen Militärpolizei war er vor allem zuständig für die Gegend rund um die amerikanischen Kasernen. "Da war immer was los. Zudem habe ich damals gut englisch sprechen gelernt", erinnert er sich. Mitte der 1970er- Jahre bewarb er sich dann für Buchloe. "Ich habe gebaut und wollte sesshaft werden, denn bodenständig war ich schon immer", lacht er. Doch die Umstellung von der Stadt aufs Land sei riesig gewesen.
Vom Streifendienst über die Verkehrsüberwachung, die Ermittlung bei Einbrüchen bis hin zu Aufnahme von Verkehrsunfällen oder Gewaltdelikten reichte das Spektrum der Landpolizeistation, die bis 1976 noch im Rathaus II am Postberg untergebracht war.
Bis in diese Zeit zurück reicht auch eines der schlimmsten Ereignisse, die Simnacher als Polizist zu bewältigen hatte: die Aufnahme eines Verkehrsunfalls mit drei Toten, darunter ein Säugling. "Das hat mich nie mehr losgelassen", sagt er.
Daher sei er "richtig froh" gewesen, als Anfang der 1980er-Jahre der Posten des Verkehrserziehers bei der Polizei Buchloe frei wurde. Fortan kümmerte sich Simnacher überwiegend um die Verkehrserziehung an Buchloer Kindergärten und Schulen. Zusammen mit Karl Schiller, dem städtischen Vertreter der Kreisverkehrswacht, baute Simnacher am alten Festplatz an der Eschenlohstraße eine Verkehrsschule auf.
Die Kinder konnten so das richtige Verhalten im Straßenverkehr auf sicherem Terrain üben. Gedankt haben es ihm die Mädchen und Buben oft schon auf ihre Weise: Derzeit hängt über den Schreibtischen von Simnacher und seinem Kollegen Bernhard Löcherer ein Plakat des Don Bosco Kindergartens: "Wir sagen Danke", steht dort unter bunten Bildern. "Die Schulwegsicherheit lag mir stets am Herzen", betont der fast 60-Jährige. Auch in verkehrsrechtlichen Fragen war die Meinung des Polizeihauptkommissars bei der Stadt Buchloe in der Vergangenheit immer wieder gefragt. "Es freut mich, dass man da einiges bewegen konnte."
Bewegt hat der Honsolgener offenbar auch andere seiner "Kunden". So hat er beim Ausräumen seines Schrankes ein gesticktes Band entdeckt: "Die Polizei dein Freund und Helfer - Danke für Ihren Einsatz", ist dort akribisch mit grünem Faden eingestickt. "Ich weiß leider nicht mehr, wer mir das geschickt hat", lacht Simnacher, "aber es ist schon schön zu sehen, dass von den Leuten was zurückkommt. Das tut auch der Seele gut."