Von Gabriele Schroth, Marktoberdorf - Zu den schönsten musikalischen Traditionen in Marktoberdorf zählt das weihnachtliche Benefizkonzert des Marktoberdorfer Lions Clubs, das in dem fulminanten Dreiklang von Orgel, Blechbläsern und Carl-Orff-Chor wieder die Herzen in der St. Martinskirche erwärmte mit altvertrauten und auch ganz neuen Weihnachtsweisen. In einen weiten musikalischen Horizont spannten Blechbläser, Orgel und Carl-Orff-Chor ihre weihnachtlichen Klänge: Sie begannen um 1600 mit dem großen niederländischen Organisten Sweelinick und dem norddeutschen Michael Praetorius und endenten im 20. Jahrhundert beim aufregenden Chorwerk des Schweden Jan Sandström 'Es ist ein Ros entsprungen' von 1987 oder dem gewaltigen 'Gloria' des Engländers John Rutter von 1974 - jenem Lobpreis, mit dem die frühe christliche Kirche ihr Weihnachtsfest feierlich eröffnete. Das tonale dreisätzige Opus gab Leiter Gustav Adolf Rabus einmal die Gelegenheit, sein Bläserensemble mit dem Orff-Chor wie auch der Orgel zusammenzufassen - mit dem angehenden Konzertorganisten aus Marktoberdorf, Axel Flierl, der das schwebende 'Miserere nobis' des meditativen Mittelsatzes mit hell ausschwingendem Orgelflimmern verzierte. Die wuchtig perkussiven Ecksätze voller punktierter Rhythmen und Synkopen (an Schlagzeug, Pauken und Glockenspiel Max Greifenhagen und Stefan Beranek) dagegen hüllte er in üppig gleißende Clustertürme: Ein imposanter neuer Klangrausch mit drängenden Choreinsätzen und schwarzem Blechaufruhr, der die Zuhörer ein wenig aus seiner stillen Andacht riss.
Mit strahlendem Aplomp nahmen die Bläser auch Simon Wills 'Prelude and Fugue for Christmas', bei dem die Tuba das letzte Wort hatte. Bei den beschwingten 'Four Dances' von Praetorius enfalteten sie auch geschmeidigen Glanz. Majestätische Klangfülle kann auch Adalbert Meier an der Orgel entfachen bei Louis Viernes Westminster-Geläute oder seiner traditionellen eigenen Improvisation von 'Oh du fröhliche': Dies ließ er in immer neuen Klangbildern voller Leuchtkraft hindurchschimmern und steigerte es in fünffacher Modulation zu einer atemberaubenden Schlussapotheose. Doch auch seine kammermusikalische Orgelauffassung ließ er anklingen in einem köstlichen Reigen fein versponnener Stimmen und entzückenden Variationen voller Schubertscher Liedhaftigkeit. Zart und flockig sang auch der Orff-Chor seine Weihnachtsweisen, gesetzt von Manfred Beulecke, mit dem hübschen, getragenen Andachtsjodler, oder Sweelinoks früher Weihnachtsmotette. Robert Blank animierte den 25-köpfigen Chor zu einem traumhaft elegischen 'Ave Maria' von Rachmanihof, und auch Griegs 'Ave maris stella' gelang mit beglückender Dynamik und einem langsam versinkenden 'Amen'. Seine Qualitäten konnte der Chor vor allem bei Sandströms 'Es ist ein Ros entsprungen' mit seinen faszinierenden dissonant verschwimmenden Klangbildern zeigen.