Von Tobias Schumacher, Kaufbeuren - 'Einkaufsstadt Kaufbeuren' ist einer der Slogans, die Auswärtige an die Wertach locken sollen. Ein griffiger Tourismus-Spruch fehlt noch. Dabei ist die Stadt von Tänzelfest, Crescentia und Fünfknopfturm inzwischen auch ein Anziehungspunkt für Touristen aus fast aller Welt geworden, haben Katrin Schönacher vom Verkehrsverein und örtliche Hoteliers beobachtet. So verschlägt es Urlauber wie das französische Ehepaar Liliane und Gabriel Hé;reng aus der Nähe von Lyon samt ihrer 31-jährigen Tochter Celine, dem Belgier Joel Graff und John de Natris aus Holland nach Kaufbeuren. Das Nette daran: Sie alle - und noch zwei Italiener aus Sardinien, die allerdings schon wieder abgereist waren, als unser Zeitung die Gruppe aufspürte - sind mit dem Kaufbeurer Ehepaar Selma und Helmut Wieland befreundet. Man lernte sich vor 30 Jahren beim Camping kennen und trifft sich seither 'alle zwei bis drei Jahre in einem anderen europäischen Land'. Das Ferienprogramm sei dabei stets 'kulturell und gastronomisch, nicht politisch' ausgerichtet, unterstreicht Gabriel Hé;reng mit einem Schmunzeln. Diesen Sommer war also Kaufbeuren an der Reihe - mit Ausflügen nach Kempten, Augsburg, Füssen und München. Trotz dieser prominenten Konkurrenz sorgte Kaufbeuren für den touristischen 'Aha'-Effekt. Im Marionetten-Museum entdeckten die Hé;rengs einen 'Guignol', den Kasperl des französischen Puppentheaters. Der hat seine geschichtlichen Wurzeln eben in Lyon. Und die Hé;rengs wohnen im selben Dorf, aus dem auch der Gründer des Lyoner 'Guignol'-Theaters stammt. Ein Stück französischer Heimat -überraschend entdeckt im Ostallgäu.
'Ein nettes Städtle' Derlei Details erfährt Katrin Schönacher vom Verkehrsverein zu ihrem Bedauern eher selten. 'Es ist schwierig, pauschal was zu sagen', beantwortet die Tourismusfachkraft die Frage, was ausländische Gäste an Kaufbeurer Sehenswürdigkeiten goutieren. Ob Spanier, Engländer, Amerikaner oder Japaner: 'Es kommen oft zu viele auf einmal, um abzuchecken, wofür sie sich interessieren', verweist Schönacher auf den meist schubweisen Andrang im Tourist-Informationsbüro. Das französisch-belgisch-holländische Touristen-Quintett auf Europa-Tournee lieh sich dort den Schlüssel für die Stadtmauer zwischen Fünfknopfturm und Blasius-Kirche aus. Auch bei den Hoteliers halten sich Rückmeldungen der Touristen in Grenzen. 'Goldener Hirsch'-Wirt Martin Knie fällt zunächst ein, 'dass sich die meisten Gäste über die unglückliche Parksituation in der Innenstadt beklagen'. Er schiebt aber nach, dass 'Kaufbeuren schon ein nettes Städtle ist, von dem Amerikaner oder Japaner nach einem Klosterbesuch oder Stadtrundgang angetan sind.' Gleichwohl seien die meisten Gäste Geschäftsleute. Der Touristenanteil belaufe sich 'vielleicht auf drei Prozent', schätzt Knie. Carlo Lombardini vom 'Hotel am Turm' hat bei seinen Gästen 'das Tänzelfest, die putzelige Altstadt und früher auch die Gablonzer Industrie oder das Kunsthaus' als Kaufbeurer Höhepunkte ausgemacht. Die Stadt, in der Touristen mitunter eher zufällig strandeten, 'wenn kein Anschlusszug mehr nach Füssen zu König Ludwig fährt', sei indes vor allem 'Sprungbrett zwischen München und Bodensee': für Ausländer ebenso wie für deutsche Radler, die das Allgäu erkunden. Ob die Heilige Crescentia künftig eine touristische Rolle spielen wird, ist für Lombardini noch offen. Immerhin logierten jüngst drei Pfarrer aus dem italienischen Trentino bei ihm, die zufällig von der Kaufbeurer Stadtheiligen erfuhren und ihr Besuchsprogramm entsprechend ausdehnten. Sowohl Crescentia- als auch 'Sprungbrett'-Erfahrungen hat Elisabeth Zabel vom 'Gasthof Leitner' gemacht. Vergangene Woche nächtigte bei ihr eine Australierin, die Kaufbeuren als Startpunkt für Ausflüge nach Füssen nutzte, 'weil\'s hier günstiger ist als vor Ort', berichtet Zabel. Den 'Sprungbrett'-Effekt sieht ebenso Yvonne Goldstein vom Hotel 'Hasen': 'Die Gäste wollen zu den Sehenswürdigkeiten im Allgäu: das ganze Brimbamborium um Ludwig - und dann weiter in Wieskirche, Brauereien, Sennereien', zählt Goldstein auf. Dazu locke die Partnerschaft Kaufbeurens mit Szombathely viele Ungarn in die Region. Und: Eine nicht zu vernachlässigende Gruppe seien 'Italiener, die zur Oktoberfestzeit in München nichts mehr finden und bis nach Kaufbeuren rauskommen', sagt Goldstein.