Claudio Kürten ermutigt beim "Gesundheitsforum" Kranke und Gesunde zur Selbstverantwortung Füssen/Hopfen am See (asp). Claudio Kürten ist querschnittgelähmt. Seit 16 Jahren ist er auf den Rollstuhl angewiesen. "Neun Jahre brauchte ich, um Abschied zu nehmen zum Beispiel vom Skifahren", deutete er beim ersten öffentlichen "Gesundheitsforum" in der Fachklinik Enzensberg seine Neuorientierung an. Er ermutigte Patienten wie Gesunde, ihre persönlichen Rahmenbedingungen so zu ändern, damit sie ihrem Anspruch auf Lebensqualität gerecht werden. "Ich käme nie auf die Idee, andere dafür schuldig zu machen, dass es mir nicht gut geht", sagte Kürten.
"Der Mensch" stand beim "Gesundheitsforum" im Mittelpunkt. Die Fachklinik Enzensberg suchte bei dieser erstmals durchgeführten Vortrags- und Diskussions-Veranstaltung mit Hilfe von Claudio Kürten nach Antworten auf Fragen wie: Wie erleben Menschen, die krank werden, diesen persönlichen Einschnitt ins Leben? Wie gelingt es, die Krankheit zu verarbeiten, neue Orientierung fürs eigene Leben zu gewinnen?"Jeder hat das Recht, nach einer Erkrankung mit bleibenden gesundheitlichen Einschränkungen am Leben der Gesellschaft teilzunehmen", betonte Dr. Ilse Winter, die Leiterin der Entwicklungsabteilung auf dem Enzensberg. Sie machte aber auch deutlich, dass die medizinischen und therapeutischen Fachkräfte der Klinik "den aktiven Patienten brauchen, wenn die Rehabilitation gelingen soll". Ilse Winter deutete außerdem an, dass dieses "Gesundheitsforum", erstmals für Patienten und jeden Interessierten durchgeführt, keine Eintagsfliege sein soll, sondern der Beginn einer regelmäßigen Veranstaltungsreihe sein könnte. Die gesetzlichen Sparzwänge führen im Gesundheitswesen zum Spannungsfeld von Ökonomie und Medizin. "Unter den gesetzlichen Vorgaben leiden wir ein bisschen", verhehlte nicht Dr. Ulrich Steller, Chefarzt der neurologischen Abteilung der Fachklinik Enzensberg. "Aber trotz der vielfältigen Zwänge gelingt bei uns eine gute Rehabilitation", sagte er. Anerkennend äußerte sich Claudio Kürten. "Sie haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die Reha-Patienten zu aktivieren", stellte er fest und nannte als Beispiel das Programm "Kultur in der Klinik". Das zeige, dass hier nicht nur das Therapieziel zähle. "Wir wollen für die Patienten eine Wohlfühl-Atmosphäre schaffen, in der sie den eigenen Blick auf neue Wege lenken können", ergänzte Brigitte Müller-Protschka, die Kulturbeauftragte der Fachklinik. Claudio Kürten ließ vor zum Teil schwer behinderten Patienten und gesunden Besuchern wenig Raum für Ausreden: An den meisten Krankheiten oder Unfällen sind wir in großem Maße selbst beteiligt und nicht andere dafür verantwortlich, brachte er zum Ausdruck. Der Querschnittgelähmte provozierte anhand seines eigenen Schicksals mit zwei "Schlüsselfragen": Muss ich mit so einer Krankheit leben oder darf ich noch? Bin ich Opfer oder Regisseur meines Lebens? Kürten machte sich nach seinem Motorradunfall vor 16 Jahren, nach 19 Operationen und insgesamt drei Jahren Patient in verschiedenen Kliniken zum "Regisseur". Er trat mit seinen Zuhörern in den Dialog, rüttelte wach und gab eine Antwort auf die Frage: Was ist Lebensqualität? "Solange ein Mensch seine Ziele erreichen, seine Wünsche erfüllen und seine Werte erhalten kann, spricht er von Lebensqualität. Tauchen aber Schwierigkeiten, Hindernisse, Widerstände auf, dann hat hat er ein Problem", behauptet Kürten. Er appelliert an die Selbstverantwortung und ist überzeugt: "Das Leben eines Kranken kann eine fantastische Qualität haben, wenn er sich auf das konzentriert, was ihm möglich und zugänglich ist."