Was sagt man einer Frau, die ihren Partner verloren hat? Wie begegnet man einer Mutter, deren Sohn Selbstmord beging? Wie tröstet man eine Tochter, deren Vater gestorben ist? Solche Fragen stellen sich nicht nur jene, die in der Hospizarbeit tätig sind und für die Trauerbegleitung alltäglich ist. Fast jeder kommt - irgendwann und irgendwie einmal - mit Menschen zusammen, die trauern. Doch wie geht man mit ihnen um? Wie kann man sie begleiten? Kann man überhaupt helfen? Man kann, meint Theologin und Psychotherapeutin Hilde Rothmund aus ihren Erfahrungen als Trauerbegleiterin in der Hospizarbeit. Denn es gibt viele Möglichkeiten, Trauernden beizustehen und Perspektiven aufzuzeigen.
Trotz allem allein gelassen
Wer um einen Angehörigen trauert, bekommt vieles zu hören: "Du musst nach vorne schauen. Lass Vergangenes ruhen. Mach kleine Schritte. Denk an Dich. Du hast nur dieses eine Leben".
Und doch fühlt man sich trotz solcher gut gemeinten Ratschläge allein gelassen. Denn wer kann schon nachvollziehen, wie es bei einem Menschen ausschaut, der jemanden verloren hat, der ihm sehr nahestand? Wer kann verstehen, wenn der Schmerz das Herz zerreißt, die Trauer die Kehle zuschnürt? Wenn sich Eltern fragen, warum ihr Kind vor ihnen gehen musste? Wenn man von jetzt auf nachher überfallen wird von der Erkenntnis: Nie wieder wirst Du den anderen sehen, nie wieder hörst Du Dein Kind lachen. Es ist unwiderruflich, aus, vorbei.
Trauer meldet sich jederzeit wieder - auch nach Jahren. Sie überfällt einen wellenartig. Oder wie Hilde Rothmund Hospizbegleitern bei einem Vortrag in Kempten vermittelt: Trauer erfasst den ganzen Menschen, macht die Seele krank, hat Auswirkungen auf den Körper. Denn "Trauer ist ein Weg durch ein Labyrinth". Der beginnt mit dem Schock über den Tod, mit der Beisetzung als "unwiderruflichen Abschied" und führt durch ein "Schleusensystem der Trauer".
Dabei durchlaufe jeder seine Trauer in unterschiedlichen Rhythmen, hätten Forschungen ergeben. Auf vier Arten, zitiert die Theologin eine Studie, habe man Trauer erfasst: Emotional mit Tränen, Wut, Friedhofsbesuchen, Altar zu Hause. Praktisch mit Zimmer aufräumen, Kleider weggeben. Intellektuell mit der ständigen Frage nach dem Sinn des Todes und verdrängend mit dem Ignorieren des Todes auch nach der Beerdigung.
Wo können Trauerbegleiter dann ansetzen? "Egal wo", sagt Rothmund, denn zur Trauerbegleitung gehören alle diese Bereiche. Und je weniger ein Trauernder anerkannt werde, umso länger bleibe er in einer dieser Trauerphasen.
Fragen, was tut gut?
Aber wie sieht konkrete Hilfe aus? Einfach da sein, die Hand halten, keine Ratschläge, höchstens Vorschläge machen, fragen, was gut tun könnte, meint Hilde Rothmund. Die Theologin hält auch das Unausgesprochene, das Spirituelle für bedeutend in der Trauerbegleitung. Zum Beispiel bei den immer wieder kehrenden Fragen: Wo ist er? Warum musste er gehen? Und natürlich werden Menschen, die Trauernde begleiten, mit der Frage konfrontiert: "Wo ist Gott, warum lässt er das zu?" Darauf freilich, so Hilde Rothmund, muss sogar ein professioneller Hospizbegleiter keine Antwort parat haben. Weil es für Trauernde beim Tod eines geliebten Menschen oft keine Antwort gibt.