"Tagtäglich erblinden Kinder, nur weil ihnen beispielsweise Vitamin A fehlt". Professor Dr. Günther Rudolph gehört zu den Medizinern, die sich mit der großen Zahl an Blinden gerade in Armutsgebieten nicht abfinden wollen. Der 55-Jährige, aufgewachsen in Simmerberg, ist Spezialist für Kinder-Augenheilkunde und Oberarzt an der Ludwig-Maximilians-Universitätsklinik (LMU) in München.
Dr. Günther Rudolph hat eine klassische Karriere als Mediziner gemacht. Abitur am Lindenberger Gymnasium, Studium der Medizin in München, Düsseldorf und Tübingen, anschließend eine ophthalmologische (Augenheilkunde) Fortbildung an der Stanford University (USA) und am Moorfields Eye Hospital in London. Seit 18 Jahren arbeitet er an der Münchner Uniklinik. Seit diesem Jahr hat er dort offiziell eine Professur inne.
Rudolph sitzt in der Programmkommission der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). Und er setzt sich für die "Vision 2020" ein, ausgerufen von der Weltgesundheitsorganisation WHO. Deren Ziel ist es, in den kommenden zehn Jahren die Erblindung von über 100 Millionen Menschen zu verhindern. Ein besonderes Augenmerk der Initiative liegt auf der Verhütung von Blindheit bei Kindern.
"Jedem zweiten Kind hätten Vorbeugung und Therapie das Augenlicht retten können", sagt Dr. Günther Rudolph.
Ursprünglich wollte der 55-Jährige III.Welt-Medizin machen. Ein halbes Jahr hat er bei Indios in Zentralmexiko gearbeitet. Dann hat es ihn zurückgezogen. Grundlagenforschung und Genetik interessierten ihn besonders. Beides verbindet er heute - genetisch bedingte Krankheiten der Augen ist sein Spezialgebiet. Dr. Rudolph genießt internationales Ansehen - seit sechs Jahren läuft beispielsweise eine Zusammenarbeit mit der Harvard-University in Boston. "Die Arbeit an der Uniklinik ist fachlich extrem spannend und befriedigend", sagt Rudolph: "Sie haben dauernd mit neuen Fragestellungen zu tun".
Das Thema Armut hat den geborenen Simmerberger an der Uniklinik nicht losgelassen. Die LMU pflegt seit 30 Jahren eine Partnerschaft mit der Augenklinik der Universität Nairobi. Ein großer Teil der Augenärzte in Ostafrika ist dort ausgebildet worden. Als Gastdozent war Dr. Rudolph am Kenyatta Hospital in Nairobi tätig. Mit den dort tätigen Augenärztinnen und Augenärzten besteht ein reger Austausch. Zur weiteren Qualifizierung werden die Mediziner auch an die Universitäts Augenklinik München eingeladen.
Lehre, Forschung und die Ausbildung von Medizinern ist aber nur ein Teil seiner Arbeit. Die Behandlung von Patienten an der Klinik nimmt den größeren Raum ein. Neun Stunden täglich hat Dr. Rudolph Umgang mit kleinen Patienten. 50 Operationen am Tag werden an der Augenklinik durchgeführt.
Dr. Rudolph ist für Schielen, Tränenwege und Traumatologie, also beispielsweise Verletzungen zuständig. Den Umgang mit den kleinen Patienten möchte er nicht missen. "Als viel spontaner und direkter", erlebt er die Kinder als erwachsene Patienten. Dr. Günther Rudolph spricht von einer sehr "lebendigen Medizin, die mit vielen positiven Momenten verbunden ist". Und eine, die den Arzt immer wieder vor Herausforderungen stellt. Dr. Günther Rudolph betreut auch Extremfrühgeborene. Ab der 23. Woche ist ein Überleben möglich. Um einer Erblindung vorzubeugen, werden die Frühgeborenen von Dr. Rudolph und seinem Team betreut.
Aufgewachsen in Simmerberg lebt er mit seiner Familie in München. Später will er aber in jedem Fall fest zurückkommen. "Das Westallgäu", sagt der Professor, "ist Heimat".