Von Richard Mayr Kaufbeuren - 'So, jetzt soll er mal fahren', beschließt Albert Aigner, Inhaber des 'Breakdancers' auf dem Tänzelfestplatz. Gerade hat er 20 Lesern der Allgäuer Zeitung die technischen Details erklärt. Die Gruppe steht an einem Ort, an dem der Rummelbesucher normalerweise nicht hinkommt, nämlich unter dem Fahrbetrieb, zwischen dicken Kabelsträngen, die den großen Motor in der Mitte und die kleineren für die Fahrgondeln mit Starkstrom speisen. 6000 bis 7000 Kilowatt Strom fressen die in einer Woche. 'So viel verbraucht ein Haushalt im Jahr', so Aigner. Leicht zu verstehen ist er nicht, während der 'Breakdancer' Schwung aufnimmt, die ersten Fahrgäste kreischen und die Musik wummert. '14 Umdrehungen in einer Minute. Die Fahrgondeln rotieren doppelt so schnell und entgegen gesetzt', erklärt Aigner. In diesem Jahr lassen die Schausteller des Tänzelfestplatzes erstmals Gäste gemeinsam mit der AZ hinter die Kulissen blicken. 'Viele beklagen sich über die Fahrpreise', berichtet Michael Lutzenberger, zweiter Vorsitzender des schwäbischen Schaustellerverbandes, mit einigen Wagen selbst auf dem Platz präsent. Die Schausteller wollen zeigen, was für ein Aufwand hinter ihren Betrieben steckt. 1,5 Millionen kostet der 'Breakdancer', Eugen Diebolds Autoscooter zwischen 800 000 und 900 000 Euro, die 24 Wagen nicht miteingerechnet. Es wird aber nicht nur übers Geld, sondern auch über handfeste Fakten gesprochen. Einhundert Tonnen wiegt der Autoscooter, zweieinhalb Tage benötigen Diebold und seine Arbeiter dafür, die 3500 Einzelzeile zusammenzusetzen. 'Das ist nicht alltäglich, so hinter die Kulissen zu blicken', meint Josef Janser, einer der Leser. Nach den Erklärungen dürfen die Besucher selbst ans Lenkrad, suchen nach dem größtmöglichen Schwung für eine heftige Karambolage. Jemand ruft von außen: 'Geisterfahrer im Autoscooter', weil sich bis dahin die meisten wie im Rechtsverkehr verhalten haben und einer plötzlich andersherum fährt.'Schon kurz nach dem Tänzelfest werden die Schausteller fürs nächste Jahr angeheuert', berichtet Lutzenberger. Günther Becker vom Tänzelfestverein kümmert sich als Platzwart darum.
Ein spektakulärer Fahrbetrieb soll schon dabei sein. Dieses Jahr gelang es ihm, die Firma Agtsch mit dem 'Freestyle' zu gewinnen. Dort werden die Gäste wie in einer überdimensionalen Schiffschaukel 25 Meter in die Luft gehoben, nur dass sich die Sitze dabei noch zusätzlich um den Halterungs-Arm drehen. Angst, dass etwas passiert, müsse niemand haben, so Agtsch. 'Die Fahrgeschäfte in Deutschland haben den höchsten Sicherheitsstandard.' Unfälle auf Jahrmärkten wegen technischer Mängel sind äußerst selten. Eher seien es die Besucher, die Unfälle verschulden. Als die Leser ein wenig später für einen Augenblick 25 Meter hoch in der Luft stehen, ist jeder froh, die schweren, dreimal gesicherten Bügel um sich herum zu wissen. Eines der ältesten und schwersten Fahrgeschäfte auf dem Rummel ist 'Rund um den Tegernsee', das vor über 40 Jahren nach den Plänen und der Idee des Inhabers Willi Hohmann gebaut worden ist. Damals arbeitete man noch mit Stahl, deshalb benötigt Hohmann für den Auf- und Abbau am längsten. Die ausführlichen Erklärungen der Schausteller kommen gut an. 'Sie haben sich viel Zeit genommen und man sieht, was es alles kostet. Eigentlich sind die Fahrkosten gering', sagt AZ-Leser Peter Wittmer. Eine Institution auf dem Festplatz ist der Festwirt Paul Richter. Sein Betrieb geht gerade in die dritte Generation über. In Kaufbeuren ist seine Küche zum großen Teil damit beschäftigt, Hendl zu backen, berichtet Sohn Klaus Richter. 'In München isst man im Zelt eher deftige Braten.' Die Zeiten, in denen Bier noch in Holzfässern ausgeschenkt wurde, sind längst vorbei. In einem 5000 Liter-Fass aus Metall lagert es hinter dem Bierzelt. Gekühlt wird der Gerstensaft in der Zapfanlage. Und dass der Durchlaufkühler voll funktionsfähig ist, beweist das kühle Bier am Ende der Führung.