Weicht - Es lebe die Vielfalt - und diese in Massen - so könnte die überaus facettenreiche Kunstausstellung bei den Weichter Kulturtagen charakterisiert werden. Rund 50 Künstler aus allen Bereichen der Kunst zeigen noch bis einschließlich kommenden Samstag ihre Werke. Ob Bilder, Fotografien, Plastiken und Skulpturen, Schmuck oder abstrakte Gebilde - dem Betrachter bleibt es überlassen, darin Schönheit, Extravaganz oder einfach nur Zeitvertreib des Erschaffers zu entdecken. 'Hoffentlich hält das die Kette aus', kommentiert eine Betrachterin von der Decke hängende, schwere, runde Holzskulpturen, die im ersten Augenblick erdrückend, sich fast schon gefährlich auf den, der unter ihnen steht, herablassen. Beim Lesen der Beschreibung entpuppen sich diese Gebilde als 'Flusen', in der Umgangssprache auch als 'Fussel' bekannt. Ein zweiter Blick lässt nun langsam beim Betrachter ein Bild davon entstehen, was der Künstler wohl erreichen wollte: Durch Form- und Strukturgebung das in der Kunst darstellen, was eigentlich alltäglich ist und trotzdem übersehen wird. Entgehen kann dem Besucher auf jeden Fall bei dieser Ausstellung kaum etwas. Auf dem gesamten Gelände des 'Weichter Hofhauses' stößt man auf 'Kunst in allen Variationen', wie es ein Künstler selbst beschreibt. Der Kunstfreund ist beim Durchstreifen des Geländes gefordert.
Extremdarstellungen wie ein zwei Meter hoher Grashalm aus Holz oder ein Nachtpfauenauge, größer als ein Mensch und nachts passend mit grünem Licht angestrahlt, verlangen, sich Gedanken zu machen. Handelt es sich einfach um eine vergrößerte Figur des Wirklichen oder sieht der Erschaffer Gefahr von der Natur ausgehen? Beim Verlassen des Freigeländes wacht der strenge Blick eines überdimensionalen Holzkopfes wohl gleichermaßen über Gedanken und Worte des Besuchers. Die bildende Kunst im Inneren des Hofhauses hält für Liebhaber der Malerei einige Schmuckstücke bereit. Während sich die einen noch mit der 'Flugangstbewältigung' beschäftigen, indem sie einfach 'ins Blaue blicken', treffen die anderen bereits auf 'Ikarus beim Mogeln' oder eine 'Orgel aus Träumen und Mondlicht'. Kräftige Farben und verschiedene Techniken bei einem mannigfaltigen Reichtum an Bildern verleihen dem weiß getünchten Raum Lebendigkeit und lenken die Blicke nach längerem Umherschweifen auf zwei Stillleben mit Flaschen und Peperoni. Und das passende Gegenstück findet sich gegenüber: Mediterranes aus Acrylfarben entführt nach 'Villagio al mare' oder 'San Gimignano'. Beim Näherkommen kommt man nicht umhin, einen Blick in den Spiegel zu werfen, der den Raum in einem besonderen Lichtspiel erscheinen lässt. Überhaupt spielen Spiegelung und Glas eine große Rolle bei der Ausstellung. Vorwiegend Schmuck und majestätische Vitrinen blitzen einem an vielen Ecken entgegen und überstrahlen dabei fast ein Papiermodell: 'Verstrahlt' ist ein Raumkubus aus vier gleichen Teilen, sauber gefaltet. Finster blickende Steinköpfe auf hohen Metallstangen wachen eisern darüber, dass das Papiermodell nicht berührt wird - oder sich gar noch jemand an einem 'Nudelvirus' vergreift oder einen verbrannten 'Keks-Cracker' von der Wand reißt. Damit wird sichergestellt, dass Kunst nicht in den 'falschen Hals gerät und womöglich noch als Überlebensform' gesehen wird. Oder ist sie es für manche Künstler doch? Dietmar Ledel